Ausbohlung

Einklappen
X
 
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge
  • ed22ful
    Cold Warrior
    • 01.11.2010
    • 1208

    #1

    Ausbohlung

    Potzblitz,

    bei meiner Sucherei nach Sperreinrichtungen und Co. bin ich auf ein Wort gestoßen, dessen Bedeutung ich erst mal finden mußte und ich war nicht der Meinung, das es mit dem Kalten Krieg zu tun hat, aber, weit gefehlt.

    Ausbohlung

    Es betrifft immer zwei Punkte:

    -Bahnbrücken
    -Gleisanlagen


    Problem bei Bahnbrücken ist größtenteils, das diese nur von Schienenfahrzeugen überquert werden können (separate Fahrbahnen für Kfz sind äußerst selten) aufgrund der Gleiskonstruktion, die regulär auf Holz- oder Betonschwellen in einem Gleisbett liegen.
    Allerdings sind die findigen Militärplaner hingegangen und haben die Höhe der Gleise durch das einlegen von was auch immer (Betonplatten etc.) in eine ebene Fahrbahn verwandelt, um auch Radfahrzeugen (eventuell Kettenfahrzeuge) die Möglichkeit einer Überquerung zu geben.
    So stell ich mir das jetzt mal vor, da ich es noch nie gesehen habe.

    Hier bin ich dann auch gleich auf drei Einrichtungen gestoßen im Bundesarchiv, worauf auf diese Maßnahme hingewiesen wird:

    BW 1/29454
    Mainz-Süd, Infrastruktur der öffentlichen Dienste von militärischem Interesse. -Ausbohlung der Eisenbahnbrücke über den Rhein, Strom km 496,38


    BW 1/29453
    Koblenz-Horchheim, Infrastruktur der öffentlichen Dienste von militärischem Interesse. -Ausbohlung der Eisenbahnbrücke über den Rhein



    BW 1/574

    Ausbohlung der Eisenbahnbrücke über den Rhein bei Urmitz-Engers für militärische Zwecke
    Mustervertrag zwischen der Deutschen Bundesbahn und den Präsidenten einer Wehrbereichsverwaltung über die Ausbohlung von Eisenbahnbrücken, 1958-1959
    Verfahrensrichtlinien für Infrastrukturmaßnahmen der öffentlichen Dienste (Entwurf), 1959


    Für mich ist das jetzt Neuland, ich habe über die Stichwortsuche im Forum auch nichts gefunden, daher, kennt das jemand?



    ed

    Sonderwaffenlager Fischbach bei Dahn
    Interessengemeinschaft „Area 1" militärgeschichtlicher Verein e.V.
    www.ig-area-one.de
  • kato
    Cold Warrior
    • 03.03.2009
    • 869

    #2
    Beim Ausbohlen werden parallel zu den Schienen üblicherweise Holzbohlen verlegt (anderes Material eher selten). Fahrzeuge können auf diesen dann fahren, Fußgänger besser auf diesen laufen. In der Nachkriegszeit wurden viele / die meisten der verbleibenden Eisenbahnbrücken auch ausgebohlt um möglichst schnell wieder Brückenkapazität herzustellen.

    Im zweiten Weltkrieg sah das - eher behelfsmäßig - so aus (Remagen):


    Wobei Ausbohlung nicht unbedingt Ausbohlung heißt. Unter Ausbohlung versteht man auch wenn eine offene Stahlträgerbrücke mit (Quer-) Bohlen versehen wird um überhaupt erst mal einen "Boden" zu haben. Ist beispielsweise bei Notbrücken öfters mal der Fall.

    Kommentar

    • kato
      Cold Warrior
      • 03.03.2009
      • 869

      #3
      P.S.: Anfang der 60er brannten einige ausgebohlte Brücken ab, u.a. in Berlin. Auch wurden zu diesem Zeitpunkt die Bohlen der nach dem Krieg gebauten Notbrücken im allgemeinen morsch oder faulten durch (viele dieser Brücken wurden schon vorher in der zweiten Hälfte der 50er ersetzt). Nach diesem Zeitpunkt findet man - vermutlich aus dieser Erfahrung heraus - eher weniger über eine Ausbohlung von Brücken im Vorgriff.

      Dass die Rheinbrücken in Koblenz und Mainz als Kriegskapazitätserhöhung ausgebohlt wurden - oder werden sollten - ist eigenlich eher selbstverständlich. Auf den 100 Rheinkilometern zwischen den beiden Städten gibts schließlich keine einzige Brücke...

      Kommentar

      • ed22ful
        Cold Warrior
        • 01.11.2010
        • 1208

        #4
        Danke für die Aufklärung, kato.

        Allerdings stellt sich mir jetzt die Frage, wurden die Maßnahmen einmalig durchgeführt als dauerhafte Sache oder nur im Bedarfsfall im V-Fall.

        Ich hab mal ein wenig geschaut, heute ist zumindest bei der Eisenbahnbrücke in Mainz nichts mehr zu sehen, das traditionelle Gleisbett halt.

        Hier ein Foto dazu:

        28385200.jpg
        Quelle: http://www.google.de/imgres?q=eisenb...65&tx=52&ty=21
        Sonderwaffenlager Fischbach bei Dahn
        Interessengemeinschaft „Area 1" militärgeschichtlicher Verein e.V.
        www.ig-area-one.de

        Kommentar

        • dochol
          Cold Warrior
          • 18.05.2009
          • 629

          #5
          Ich mag mich in der Örtlichkeit völlig täuschen, aber so grob im Großraum Köln gibt es eine Eisenbahnbrücke, die für diesen Fall schon vorbereitet war. Sieht dann so aus wie Straßenbahn-Schienen in der Fahrbahn. Die Brücke hat auch extra breitere Rampen mit Anschluss an das Straßennnetz. Wurde damals ans NATO-Brücke im Volksmund klassifiziert.

          €: Unterhalt und Bau durch BMVg, war hier schonmal Thema.
          Zuletzt geändert von dochol; 22.04.2013, 12:15.

          Kommentar

          • ed22ful
            Cold Warrior
            • 01.11.2010
            • 1208

            #6
            Hallo,


            genau, "Schienen in der Fahrbahn", so schaut es aus.

            Eine ebenerdige Fläche, die geeignet ist, diverse Fahrzeuge darüberfahren zu lassen.


            Was mich jetzt aber auch noch beschäftigt, wenn man auf eine Brücke will, braucht man eine Zufahrt und eine Abfahrt.

            Bei den im Bundesarchiv angegebenen Brücken hab ich geschaut, in Koblenz und in Urmitz habe ich solche vorbereiteten Auffahrten gefunden.

            In Mainz bin ich nicht fündig geworden bei beiden Eisenbahnbrücken, mmhhh

            Schaut selbst in der kmz im Anhang.


            ed
            Angehängte Dateien
            Sonderwaffenlager Fischbach bei Dahn
            Interessengemeinschaft „Area 1" militärgeschichtlicher Verein e.V.
            www.ig-area-one.de

            Kommentar

            • Nemere
              Cold Warrior
              • 12.06.2008
              • 2834

              #7
              Das „Ausbohlen“ läuft auf eine gemeinsame Nutzung einer eigentlich für den Schienenverkehr vorgesehenen Brücke für beide Verkehrsarten – Schiene und Strasse – hinaus.
              In älteren Bw-Vorschriften für feldmäßigen Straßenbau und Behelfsbrückenbau gab es dazu einige Aussagen, was die technische Seite der Angelegenheit betraf. Die organisatorische Seite war auf den Verkehrsführungslehrgängen an der LogSchule und in der Ausbildung der Feldjäger ein Thema.

              Hauptschwierigkeit war immer, dass natürlich keine gleichzeitige Nutzung der Brücke durch Schienen- und Straßenverkehr möglich war. Gleichzeitig musste die Übergangsgeschwindigkeit der Kolonnen stark abgesenkt werden, um Schäden an den Geleisen bzw. an dem Bohlenbelag zu vermeiden. Meistens war auf der ausgebohlten Brücke 20 km/h vorgeschrieben. Damit ergab sich für eine Kolonne von 100 Fahrzeugen bei einem Fahrzeugabstand von 50 m eine Durchlaufzeit von 18 Minuten, d.h. die Brücke war 18 Minuten lang durch diese Fahrzeuge belegt. Rechnet man noch die Zeit für das Auffahren und Verlassen des Bahndammes hinzu, das ja oft über behelfsmäßige Rampen an den Brückenköpfen erfolgen musste, liegt man bei 20 bis 25 Minuten für diese 100 Kfz.
              Wenn die Kolonne stärker aufgelockert fuhr, was wegen der Luftbedrohung oder aus taktischen Gründen oft erforderlich war, wurden die Durchlaufzeiten noch deutlich länger. Wenn die Kolonne von 100 Fahrzeuge z.B. in 3 Marscheinheiten mit jeweils 10 Minuten Abstand aufgeteilt waren, lag man schon bei 38 Minuten Durchlaufzeit. In diesen 10 Minuten Zwischenräumen kann man aber keinen Zug über die Brücke schicken, weil der Zug ja nicht direkt vor der Brücke warten konnte, sondern aus Rangierbahnhöfen oder von Nebengeleisen abgerufen werden musste.
              Fährt die angenommene Kolonne von 100 Fahrzeugen geschlossen, aber mit 100 m Fahrzeugabstand, liegt man auch bei einer Durchlaufzeit von 32 Minuten.

              Es bleibt also nur, Blockzeiten für den Straßenverkehr und Blockzeiten für den Eisenbahnverkehr einzuführen. In den Zwischenzeiten staut sich natürlich der Verkehr und muss in gewässernahen Verfügungsräumen aufgefangen werden, bzw. die Züge müssen in leistungsfähigen Bahnhöfen in geringer Entfernung von der Brücke zurückgehalten werden.

              Aus dem gesagten ergibt sich ziemlich deutlich, dass die Übergangsleistung einer für den Straßenverkehr hergerichteten Eisenbahnbrücke für Fahrzeuge stark beschränkt war, während gleichzeitig die Brücke nicht für Eisenbahnverkehr genutzt werden konnte.

              Nehmen wir einen Transportzug mit einem Nettogewicht von 500 t Versorgungsgütern und einer Gesamtlänge von 600 m. Dieser Zug kann die Brücke mit mindestens 50 km/h überqueren, er braucht dafür nicht mal 2 Minuten Durchlaufzeit. Verladen wir die gleiche Menge an Versorgungsgütern auf LKW 10 to als typischen Nachschubfahrzeug, brauchen wir 50 LKW. Das ergibt bei der Geschwindigkeitsbeschränkung von 20 km/h auf der Brücke eine Marschlänge von 2,9 km und eine Durchlaufzeit an der Brücke von annähernd 9 Minuten – also mindestens 4 x so lange.

              Die Verwendung von Eisenbahnbrücken für den Straßenverkehr wird sich also immer auf Notfälle beschränkt haben und nicht als Dauerlösung vorgesehen gewesen sein.

              Der Zeitbedarf für den Übergang ändert sich natürlich, wenn der als Fahrstraße vorgesehene Belag dauerhaft angebracht war. Das verursachte allerdings wieder Probleme bei der Bahn hinsichtlich der Kontrolle von Schienen, Schwellen und Gleisbett.

              Kommentar

              • ed22ful
                Cold Warrior
                • 01.11.2010
                • 1208

                #8
                Hallo Nemere,


                danke für deine sehr gute Ergänzung zum Thema.

                Wie du schon geschrieben hast, gehe ich auch von einer Maßnahme aus, die Notfallbedingt von statten ging und nicht als reguläre Überquerungsmöglichkeit.

                Ob allerdings im V-Fall überhaupt noch ein regulärer bzw. nach Fahrplan funktionierender Zugverkehr gelaufen wäre, ist ja auch fraglich.

                Aber das ist dann wohl wieder ein anderes Thema.


                ed
                Sonderwaffenlager Fischbach bei Dahn
                Interessengemeinschaft „Area 1" militärgeschichtlicher Verein e.V.
                www.ig-area-one.de

                Kommentar

                • Nemere
                  Cold Warrior
                  • 12.06.2008
                  • 2834

                  #9
                  Zitat von ed22ful Beitrag anzeigen
                  Ob allerdings im V-Fall überhaupt noch ein regulärer bzw. nach Fahrplan funktionierender Zugverkehr gelaufen wäre, ist ja auch fraglich.
                  Hallo ed,

                  damit wir uns nicht missverstehen: Ich meinte natürlich den militärischen Eisenbahnverkehr, der sehr wohl im V-Fall weitergelaufen wäre - gesteuert über die Dezernate Eisenbahn der Verkehrskommandanturen in Zusammenarbeit mit den Bundesbahndirektionen. Der zivile Zugverkehr wäre dagegen schon während des Aufmarsches (der ja für die Masse der Kettenteile und einen großen Teil der Rad-Kfz auch über die Schiene erfolgte) weitgehend eingeschränkt worden.

                  Da die Masse der für die Anschlußversorgung zuständigen Depots usw. in der Verbindungszone westlich des Rheins lag, war man für den Transport in die Kampfzone auf die Rheinbrücken angewiesen. Da natürlich mit deren Zerstörung zu rechnen war, hatte man deswegen am Rhein eine umfangreiche Organisation für Kriegsbrückenschläge und Fährbetrieb aufgebaut, die starke Pionierkräfte der Territorialkommandos und bis zu drei Feldjägerbataillone umfasste.

                  Der Umfang der Eisenbahntransporte lässt sich nur schätzen - vielleicht kann eine Vergleichszahl weiterhelfen. Beim Aufmarsch zum ersten Weltkrieg wurden allein für die deutschen Truppen in zwei Wochen annähernd 31.000 Eisenbahntransporte durchgeführt, über die Kölner Rheinbrücke fuhr damals alle 5 bis 10 Minuten ein Zug.

                  Da sich der Nachschubbedarf seit 1914 aber vervielfacht hat, hätte man im Kalten Krieg noch mehr Züge für die Versorgung gebraucht.
                  1914 rechnete man mit 6 kg Versorgungsgütern pro Soldat täglich, 1918 waren es schon 10 kg, 1940 lag der Bedarf bei 16 kg und um 1985 bei mindestens 50 kg pro Tag.
                  Für eine Panzergrenadierdivision rechnete man 1985 etwa mit mindestens 1500 Tonnen Versorgungsgütern pro Tag. 1500 Tonnen sind 250 Lkw 5 to oder aber 3 der oben genannten Züge mit 500 t Nutzlast. Je nach Gefechtsart waren diese 1500 Tonnen mit Intensitätsfaktoren zu multiplizieren, z.B. für die Verteidigung mit 2 - 3.

                  Kommentar

                  • suedbaden
                    Cold Warrior
                    • 06.01.2008
                    • 296

                    #10
                    Zitat von ed22ful Beitrag anzeigen
                    In Mainz bin ich nicht fündig geworden bei beiden Eisenbahnbrücken, mmhhh
                    In Mainz Nord erkenne ich nicht ausgebaute, feldwegartige Zufahrtsmöglichkeiten auf beiden Seiten: Auf westlicher Seite ca. 300 Meter von der Brücke entfernt (nach der Streckenteilung und den Straßenbrücken über die Straße "Am Floßhafen" zwischen den beiden Strecken an der südlichen Strecke), auf östlicher Seite direkt bei der Streckenteilung an der nördlichen Strecke.

                    Kommentar

                    Lädt...
                    X