HStr IV und die Sankette

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  • EmilBerggreen
    Cold Warrior
    • 19.07.2015
    • 514

    #31
    Moin zusammen,


    okay, also wenn ich Euch recht verstanden habe, dann war Spannungspneumothorax ein relativ sicheres Todesurteil, oder? Wenn ein derartiger Schwerverwundeter nicht innerhalb kürzester Zeit mit SanHubschrauber ohne Umweg zur TVP direkt in die HVP (wenn erst in der HVP notoperiert werden konnte) ausgeflogen wurde, wo dann erst die Notfallbehandlung stattfinden konnte.
    Oder der SanTrp war in der Lage, feldmäßig die Lunge zu entlasten. In dem Maße, dass der Patient mit dem nächsten Hubschrauber direkt zum HVP transportiert werden kann, wo man ihm dann die Projektile aus dem Lungenflügel herausoperiert.


    Was war/ist eigentlich mit den nicht-transportfähigen Schwerverletzten im Verwundetennest? Polytrauma, schwerste Brandverletzungen, Körperteil verloren, Wirbelsäulenverletzung, also in einer Form, dass jedem klar ist, dass der Schwerverwundete (sagt man im Bereich Wehrmedizin auch Patient?) die nächste Stunde nicht überlebt. Der SanTrupp vorne bei den Kampftruppen kann sich wahrscheinlich nicht intensiv mit den Patienten der Kategorie IV - ohne Überlebenschance, sterbend - kümmern. Richtig lagern und starkes Schmerzmittel, wenn überhaupt, und das war es dann?

    Dann stellt ein Arzt (der nächste Arzt ist doch erst im TVP oder im lBAT-luftbeweglicher Arzttrupp) den Tod fest, kann ein qualifizierter SanSoldat das auch? und dann wird er im schwarzen Leichensack zum Gefallenensammelplatz gebracht. So stelle ich mir das vor. Abbrechen der Erkennungsmarke, Registrierung Jäger Müller, Hans, geb. 1.1.1967. 3./JgBtl 66, Todeszeitpunkt 03 0300 Z OCT86, TU (Todesursache): Lungentrauma (?). Meldung ZgFhr, KpFw, KpTrpFhr, KpChef oder wie auch immer bis zum S1 JgBtl 66 und der führt dies in seiner Verwundeten-/Gefallenenliste. Mir war doch so, als hätten wir das schon einmal durchdekliniert. Kann das sein?


    Gruss

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    • allrad
      Cold Warrior
      • 10.02.2014
      • 154

      #32
      Nur mal in Kurzform vorab: Zu Zeiten des kalten Krieges gab es keinen Lufttransport vowärts des Hvpl sondern nur vom Hvpl an Rückwärts. Wie ich anderswo beschrieben habe war das wegen der komplexen Luftraumordnung z.B. Feuerregelung für eigene Fla, viel zu zeitaufwendig. Auch wäre ein beweglicher Arzttrupp nicht zum Verwundeten gekommen. Es gab zwar 3 Bat im San Btl D, diese dientwn aber dazu San Einrichtubgen zu verstärken oder ausgefallene Truppenärzte zu ersetzen. Diese Bat der Hstr. 4 hatten auch keine großartige San Ausstattung. Prinzipiell Nur einen Pke 8 Sitze mit Funkeinbausatz sowie die persönliche San Offz Tasche, also den Arztkoffer.
      In dieser Epoche wurde der Verwundete grundsätzlich zum Arzt gebracht. Nicht andersrum.
      Wie das beim beschriebenen Szenario hätte aussehen können versuche ich später mal zu umschreiben.

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      • dave2006
        Cold Warrior
        • 17.11.2006
        • 102

        #33
        @DeltaEcho Ich wollte deine Aussage eigentlich nur bestärken. In den 80ern waren die Herren Doktoren noch nicht soweit ihre Standesdünkel zu umgehen und invasive Maßnahmen in besonderen Lagen auch nicht ärztlichem Personal zu gestatten. Andere Armeen waren da besser aufgestellt. Ich kann mich noch an eine Vorausbildung SFOR in den 90ern erinnern. Da war tatsächlich das Thema Infusion am ÜbArm gesetzt. Wir waren mit unserem Zug schon an der Station, da kam in heller Aufregung ein Melder: Ausbildung sofort einstellen. In San hat es strikt verboten...…….
        Selbst bei der Vorbereitung der AusbWeisung ErstH San gab es massiven Streit um die Maßnahmen. Eigentlich sind es nur drei : Infusion, Thoraxentlastung und intraossärer Zugang. Auch das Thema Morphium wurde endlich angegangen. Das war für die RB`s problematisch...…
        Letztendlich hat es geklappt und nach persönlichem Erleben finde ich den Lehrgang ganz gelungen.

        @allrad
        Danke für die Klarstellung des BAT Begriffes der 80er Jahre. Eigentlich heißt es ja immer neue Namen für alte Kinder. hier lief es andersrum und das führte zu einigen Mißverständnissen.

        @ Emil
        Du mußt das etwas feiner Unterscheiden.
        Auf dem HVPL wurde die erste chirugische Versorung durchgeführt.

        Auf dem TVPL wurden die ersten ärztlichen Maßnahmen durchgeführt, sprich zB die Thoraxentlastung.

        Opiate gab es erst ab der Ebene TVPL! Mit der Ausnahme Fernspäh, leichter SpTr PzAufkl und Schiffe und Boote der Marine ohne Arzt.

        Gruß

        David

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        • DeltaEcho80
          Cold Warrior
          • 09.03.2013
          • 1690

          #34
          Zitat von dave2006 Beitrag anzeigen
          @DeltaEcho Ich wollte deine Aussage eigentlich nur bestärken. In den 80ern waren die Herren Doktoren noch nicht soweit ihre Standesdünkel zu umgehen und invasive Maßnahmen in besonderen Lagen auch nicht ärztlichem Personal zu gestatten. Andere Armeen waren da besser aufgestellt. Ich kann mich noch an eine Vorausbildung SFOR in den 90ern erinnern. Da war tatsächlich das Thema Infusion am ÜbArm gesetzt. Wir waren mit unserem Zug schon an der Station, da kam in heller Aufregung ein Melder: Ausbildung sofort einstellen. In San hat es strikt verboten...…….
          Selbst bei der Vorbereitung der AusbWeisung ErstH San gab es massiven Streit um die Maßnahmen. Eigentlich sind es nur drei : Infusion, Thoraxentlastung und intraossärer Zugang. Auch das Thema Morphium wurde endlich angegangen. Das war für die RB`s problematisch...…
          Letztendlich hat es geklappt und nach persönlichem Erleben finde ich den Lehrgang ganz gelungen.


          Gruß

          David
          Hallo David,

          kein Problem, ich habe das auch genau so aufgefasst. Wir war es nur wichtig, Emil zu verdeutlichen, dass das vor annähernd 40 Jahren einfach noch "anders" ablief ;-)

          Ich muss kurz etwas ausholen, auch wenn wir vielleicht OT werden oder wiederum auch nicht, weil es ja heißt "Kriegsnah ausbilden" und die Sanversorgung da dazu gehört:

          Ich habe ja schon angesprochen, dass wir als Helfer vor Ort Dienst machen, auch um unsere Dorfgemeinschaft zu stärken, da wir rettungsdienstmäßig fernab jeglicher Hilfsfristen liegen. Hierfür hat das BRK, unter dessen Trägerschaft wir "laufen dürfen", zur Auflage gemacht, dass wir alle "mindestens" den Sanitätsgrundlehrgang machen müssen (den "SAN A/B"). Diesen Lehrgang habe ich mit meinem Nachbarn im Herbst 2019 absolviert, der seinerseits aktiver Soldat in Volkach ist und auch den Einsatzersthelfer BRAVO hat. Wir haben uns alle schon gewundert, dass er den SAN A/B nochmal machen muss. Dann kam wieder das so elende, weil typisch deutsche Muster: "Das ist ein Lehrgang der Bundeswehr, den wir (das BRK) nicht anerkennen können, weil anders".

          Er hat mir dann immer erzählt, dass es für ihn eine wahnsinnige Umstellung ist, vom militärischen Verhalten zum zivilen Sani "umzuschalten", da er damals zufällig auch in der einsatzvorbereitenden Ausbildung war. Als SAN A/Bler dürfen wir ja auch keinerlei Medikamente geben oder Infusionen legen, was er als EH BRAVO ja darf. Was aber logischerweise nicht der einzige Unterschied ist. Auch die "Patientenansprache" und die Vorgehensweisen sind komplett diametral.
          Irgendwann an einem Lehrgangssamstag hat sich dann mit einem Ausbilder eine Diskussion entsponnen. Dieser Ausbilder war ein "strammer Rotkreuzler", für den nichts anderes auf dieser Welt gezählt hat. Als SAN A/Bler waren wir für ihn eh nur der Bodensatz. Also, hat sich die Diskussion soweit gesteigert, dass der Ausbilder zu meinem Kollegen gesagt hat: Also gut, dann simulieren wir jetzt einen Patienten und du zeigst uns, wie das geht. So wurde es dann durchgezogen. Für unseren Ausbilder war natürlich die Vorgehensweise absolut nicht salonfähig. Zufällig war inzwischen ein anderer Ausbilder zu uns gekommen, der Notarzt ist. Er hat dann seelenruhig in die sich anschließende Diskussion eingegriffen und dem Ausbilder gesagt, dass der Patient unter beiden Umständen gut versorgt war und die "militärische" Vorgehensweise sicherlich dem Patienten nicht geschadet hätte bzw. sogar noch besser beurteilt wurde, da der Kollege dem Patienten - zumindest simuliert - einen Zugang gesetzt und den Kreislauf stabilisiert hat (es wurde eine starke Blutung simuliert).

          Aber das Thema, wer welche Kompetenzen hat, scheint ein sehr präsentes Thema im Rettungsdienst zu sein. Sowas kenne ich von der Feuerwehr gar nicht.

          Viele Grüße
          Dietmar
          Zuletzt geändert von DeltaEcho80; 22.10.2020, 14:59.

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          • allrad
            Cold Warrior
            • 10.02.2014
            • 154

            #35
            Ich will einmal versuchen die Organisation des Verwundetenversorgung durch die verschiedenen Ebenen zu beschreiben und den Weg der 5 Verwundeten aus Emils Beispiel weiterzudenken. Quellen sind hierbei die Führungsvorschriften der Truppengattungen und des Sanitätsdienstes, Stan, Verschiedene Ausgaben des Handbuches für den Sanitätsdiensr und der Handbücher für das Sanitätsmaterial. Am Ende stelle ich mal eine Literaturliste Zusammen. Weiter bemühe ich meine Erinnerungen aus meiner Dienstzeit. Ich bin in der Spätphase der Hstr. 4 in die Bundeswehr eingetreten und habe die Ausbildung zum San Sold und San Uffz noch in dieser Epoche durchlaufen. Eingesetzt war ich in eimem Pz. Gren. Btl. . Im weiteren Verlauf der 90er Jahre war ich dann bis zu meinem DZE als SaZ 12 San. Grp. Fhr. in einem Logistikverband.

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            • uraken
              Cold Warrior
              • 27.09.2008
              • 865

              #36
              Aber das Thema, wer welche Kompetenzen hat, scheint ein sehr präsentes Thema im Rettungsdienst zu sein.
              In Deutschland wird gerade auf diesem Gebiet viel Claim Management betrieben.

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              • allrad
                Cold Warrior
                • 10.02.2014
                • 154

                #37
                Zeitraum ist etwa die 2. Hälfte der 80er Jahre.
                Die erste Ebene der Verwundetenversorgung war die Selbst und Kameradenhilfe. Dazu war in der Anweisung für die Truppenausbildung für alle Truppengattungen des Heeres ein Stundenansatz vorgeschrieben. Aus der Erinnerung waren das 3 Tage im Block zuzüglich einiger begleitender Ausbildungen und Einlagen. Darüber hinaus war je nach Truppengattung ein gewisser Prozentsatz von Soldaten zum Helfer im Sanitätsdienst auszubilden. Diese Ausbildung baute auf der zuvor genannten auf und dauerte weiter 3 Tage. Sie war allerdings intensiver da die Ausbildungsgruppen viel kleiner waren. An Material stand für die Selbst und Kameradenhilfe die persönliche San. Ausstattung, also Verbandpäckchen und Brandwundenverbandpäckchen zur Verfügung. Weiteres Verbandmaterial gabs in den Kfz Verbandkästen. Und viele andere Ausrüstungsgegenstände konnten zweckentfremdet werden. Dreiecktuch, Zeltbahn oder Tarnstangen z. B..

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                • EmilBerggreen
                  Cold Warrior
                  • 19.07.2015
                  • 514

                  #38
                  Moin zusammen,


                  besten Dank für Eure vielen Beiträge, die wieder etwas mehr Licht ins Dunkle gebracht haben!
                  Ich werde mich da mehr einlesen. Bisher habe ich nur Ernst Rebentisch: Wehrmedizin, Urban & Schwarzenberg 1980.


                  Gruss

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                  • EmilBerggreen
                    Cold Warrior
                    • 19.07.2015
                    • 514

                    #39
                    Zusammenfassend gesagt, meine ich durch Eure Aussagen verstanden zu haben, dass es für einen einzelnen Jäger, PzGren, u.a. am VRV bei schweren Verletzungen nicht gut ausgesehen hätte. Man hätte es ja nicht wie in einem begrenzten Konflikt wie z.B. Vietnam, wo man bei kleinen Gefechten auf Bataillonsebene lokal punktuell begrenzt auch mit Luftrettung eingreifen konnten. Natürlich gab es im Vietnamkrieg auch schwierige Lagen, z.B. November 1967 bei Dak To, mit 361 Gefallenen und 1.441 Verwundeten. Ein bewaffneter Konflikt zwischen Lübeck und Bayreuth, wo Divisionen, Korps, etc. aufeinandertreffen wäre nach dem, was Ihr gesagt habt, mit den sanitätsdienstlichen Mitteln der damaligen Zeit wohl nur sehr schwer in den Griff bekommen hätte. Diesen Eindruck habe ich zumindest.

                    Kommentar

                    • EmilBerggreen
                      Cold Warrior
                      • 19.07.2015
                      • 514

                      #40
                      Sanitätsdienst aller Truppen
                      ZDv 49/20 (Reibert Ausgabe 1985/86) S. 302 ff

                      Jeder Soldat ist zur Selbst- und Kameradenhilfe verpflichtet. => Umkehrschluss: kann unterlassene Hilfeleistung militärisch geahndet werden.
                      1. Ruhe bewahren. Den eigenen Schreck überwinden!
                      2. Selbst helfen, erst danken und dann handeln
                      3. Lage des Verwundeten – welche Verletzungen und welche Maßnahmen? => das ist vermutlich das Schwierigste, für einen Nichtmediziner zu erkennen, was mit dem Kameraden los ist. Wie bereits erwähnt extrem erschwert v.a. bei Nacht, schlechter Sicht, auf Spähtrupp, oder anderen besonderen Lagen. Abtasten auf Blutungen (bei Nacht, bei Regen?), Kotaustritt auf der Hinterseite (hatte ich auf einer ganz kurzen SanEinweisung mal mitbekommen, dass auch das routinemäßig abgetastet wird), Abhören, ob der Kamerad überhaupt noch atmet, etc.
                      4. Zuerst an schwere Blutung, Atemstillstand oder Verletzung der Atemwege, Vergiftung und Schock überwinden
                      5. Verletzte warm halten
                      6. Verletzte schluckweise mit Kaffee, Tee oder Wasser laben
                      7. Verletzte mit richtiger Lagerung abtransportieren


                      Erste Hilfe bei Wunden:
                      Das richtige Anlegen eines Wundverbandes mit Verbandpäckchen und Brandwundenpäckchen. Die unterschiedlichsten Verbandsarten: Kopfhaube, Knieverband, Brust- u. Rückenverband, Schulter- u. Hüftverband, etc.
                      Blutstillung mit Abdrücken am Kopf, Extremitäten oder wo auch immer, Knebelverband, Druckverband, etc. Abbinden ist gefährlich, nur in Notfällen b. starken, spritzenden Blutungen, wenn ein Glied abgerissen oder abgequetscht wird ...

                      Schock als Todesursache. Schockbekämpfung: Blutung stillen, Verletzten flach lagern, Schmerzen lindern ...
                      (WP
                      Der Begriff Schock bezeichnet in der Medizin ein lebensbedrohliches Zustandsbild. Es bildet sich eine schwere Kreislaufstörung aus, bei der meist die Blutzirkulation in den Kapillaren vermindert ist. Als Folge treten eine Sauerstoffunterversorgung der Gewebe und in letzter Konsequenz ein Stoffwechselversagen auf. Ursache ist meist eine erhebliche Verminderung des zirkulierenden Blutes. Blut- oder Flüssigkeitsverluste, ein Versagen der Kreislaufregulation in der Körperperipherie, etwa bei Blutvergiftung oder bei allergischen Reaktionen vom Soforttyp (Anaphylaxie), können einen Schock hervorrufen. Auch wenn das Herz versagt und nicht mehr in der Lage ist, ausreichend Blut in die Peripherie zu pumpen, kann es zum Schock kommen.
                      Die Folgen einer extremen psychischen Belastung werden im Gegensatz zur Umgangssprache in der medizinischen Fachsprache nicht als Schock bezeichnet, sondern als akute Belastungsreaktion.
                      )

                      Erste Hilfe bei besonderen Verletzungen: offene Brustverletzungen, Lungenverletzungen, Bauchverletzungen, Kiefer- u. Rachenverletzungen

                      Erste Hilfe bei Knochenverletzungen, Verrenkungen u. Verstauchungen
                      Weitere Kapitel wie Ruhigstellung, Atemstillstand u. künstliche Beatmung, Bergen u. Transport von Verletzten u. Kranken.

                      Aber ich denke, Ihr wisst davon weitaus mehr als ich.

                      Grüße

                      Kommentar

                      • dave2006
                        Cold Warrior
                        • 17.11.2006
                        • 102

                        #41
                        Zitat von EmilBerggreen Beitrag anzeigen
                        Ein bewaffneter Konflikt zwischen Lübeck und Bayreuth, wo Divisionen, Korps, etc. aufeinandertreffen wäre nach dem, was Ihr gesagt habt, mit den sanitätsdienstlichen Mitteln der damaligen Zeit wohl nur sehr schwer in den Griff bekommen hätte. Diesen Eindruck habe ich zumindest.
                        Die Frage ist was verstehst Du unter in den Griff kriegen?
                        Ganz sicher wäre die heutige Maxime jeder Soldat kriegt im Einsatz die gleiche Versorgung wie in einem deutschen Kreiskrankenhaus nicht zutreffend. Ich meine aber unter dem Aspekt des großen vaterländischen Krieges war die Versorgung vom Schema her einigermßen sichergestellt. Jetzt aber bitte so schlimm das auch klingt, abhängig vom Verletzungsmuster hatte nicht jeder eine Chanche. Wäre die Verletzung so schwer gewesen, das die Heilungschanchen Kräfte und Mittel des SanDst`s überfordert hätten, wäre nur noch Schmerzbehandlung durchgeführt worden.
                        "Platz für Moribunde"

                        Ein weiteres wesentliches Problem waren damals die wehrpflichtigen TrÄrzte………...
                        Zuletzt geändert von dave2006; 27.10.2020, 11:52.

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                        • uraken
                          Cold Warrior
                          • 27.09.2008
                          • 865

                          #42
                          Wäre das ganze "heiß" geworden, wären eine Menge junge Ärzte auf sich alleine gestellt in den Katastrophenmedizin Mode geworfen wurden.
                          "Gleiche Versorgung wie in einem deutschen Kreiskrankenhaus" ist ein wohl für die aktuellen Einsätze erreichbares Ziel. Schon die vermutlichen Baltikum Szenarien mit wieder anzunehmenden hoch intensiven Gefecht würden dieses Ziel in Frage stellen.

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                          • Nemere
                            Cold Warrior
                            • 12.06.2008
                            • 2806

                            #43
                            Man kann sich zu dieser Thematik auch aus der reichhaltigen Literatur bedienen. Zu nennen wären:

                            Eckart, Wolfgang U.: Krankheit und Verwundung im Kessel von Stalingrad. In: Eckart, Wolfgang U. (Hrsg.): Medizin im Zweiten Weltkrieg. Militärmedizinische Praxis und medizinische Wissenschaft im "Totalen Krieg". Paderborn 2006, (Krieg in der Geschichte, 30) S. 69-92.

                            Eckart, Wolfgang U.: Von der Agonie einer mißbrauchten Armee. Anmerkungen zur Verwundeten- und Krankenversorgung im Kessel von Stalingrad. In: Gerd R. Ueberschär/Wolfram Wette (Hrsg.): Stalingrad. Mythos und Wirklichkeit einer Schlacht. Frankfurt a.M. 1992, S. 108-130.

                            Schiel, S. / Vollmuth, R.: Die palliativmedizinische Versorgung schwerstverwundeter und sterbender Soldaten in den frontnahen Sanitätseinrichtungen der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg, In: Wehrmedizinische Monatsschrift 12/2017, S. 292 - 299.

                            Schneider, Christoph: Eine Division verblutet … Die sanitätsdienstliche Versorgung der 295. Infanteriedivision auf dem Weg nach Stalingrad, In: Militärgeschichte 4/2012, S. 18 – 21

                            Vollmuth, Ralf / Mees, Peter (Hrsg.): Militärmedizin und Sanitätsdienst im Ersten Weltkrieg, Bonn 2018.

                            Fischer, Hubert: Die Notchirurgie zwischen Truppenverbandplatz und Feldlazarett. In: Guth, Ekkehard (Hrsg.): Sanitätswesen im Zweiten Weltkrieg (Vorträge zur Miliärgeschichte, 11), Herford 1989, S. 47 – 76.

                            Fischer, Hubert: Ärztliche und sanitätsdienstliche Erfahrungen während der Konflikte seit 1945, Osnabrück 1984.


                            Vom gleichen Autor gibt es auch noch das Standardwerk über den deutschen Sanitätsdienst im Zweiten Weltkrieg:
                            Fischer, Hubert: Der deutsche Sanitätsdienst 1921 - 1945. Organisation, Dokumente und persönliche Erfahrungen, 5 Bände, 1 Band Register, 2 Supplementbände, Osnabrück 1982 – 1991.
                            Insgesamt weit über 5.000 Seiten.
                            Besonders interessant sind folgende Bände:
                            Bd 2 - Der Sanitätsdienst der Wehrmacht im 2. Weltkrieg (1939 - 1945) - Der Feldzug in Frankreich. Der Feldzug gegen Jugoslawien und Griechenland. Der Krieg gegen die Sowjetunion. Osnabrück 1983.
                            Bd 3 - Der Sanitätsdienst der Wehrmacht im 2. Weltkrieg (1939 - 1945) - Eismeerfront, Nordafrika, Italien, Balkan, Landung der Alliierten, Heimatkriegsgebiet, Sanitätsdienste der Kriegsmarine, Luftwaffe, Waffen-SS und ausländischen Freiwilligenverbände, Organisation des Sanitätsdienstes. Osnabrück 1984.

                            Hier wird auch auf die Erfahrungen mit unerfahrenen Reservisten als Truppenärzten eingegangen. Da aber die Wehrmacht bis 1941 auf der „Siegerseite“ stand und der Angreifer war, fielen diese Probleme damals nicht so auf, auch waren die deutschen Verluste anfangs noch recht gering. Bei der Bundeswehr hätte das in einem vorstellbaren Konflikt anders ausgesehen. Man wäre von Anfang an in der Defensive gewesen, es wäre auch für die Sanitätstruppe keine Zeit geblieben, Erfahrungen zu sammeln, die Verluste wären sicher bereits in der Anfangsphase hoch gewesen.
                            Hier würde sich dann wieder ein Blick auf die Erfahrungen des 1. Weltkriegs lohnen, da auch im August / September 1914 die höchsten Verluste des Kriegs eintraten, einhergehend mit völlig neuen Verletzungsbildern. Man hatte die Wirkung der Artillerie und der Maschinengewehre völlig unterschätzt, obwohl die Erfahrungen aus dem Russisch-Japanischen Krieg 1905 vorlagen.

                            Immer wieder empfehlen kann ich zum Thema Sanitätsdienst: Peter Bamm: „Die unsichtbare Flagge“. Ist zwar in Romanform geschrieben, gibt aber gute Einblicke in den Sanitätsdienst bei einer Infanteriedivision an der Ostfront.

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                            • Hoover
                              Cold Warrior
                              • 19.12.2013
                              • 601

                              #44
                              Kurz nur als Nebenbemerkung: Ich habe bisher knapp über 70 Veteranen des 2. Wk interviewt (mal sehen, ob ich es mal veröffentliche). Dabei war ein SanOG, der 1943 Sani wurde. Er sprach über die absolute Überforderung, kein SanMaterial, an der Front kein Arzt zu greifen. Er selbst schätzt seine Fähigkeiten damals wie eine erweiterte Erste Hilfe ein. Blut stoppen und zum Verwundetennest bringen. Fertig, mehr ging nicht.

                              Fischer, Hubert: Der deutsche Sanitätsdienst 1921 - 1945
                              Band 3 suche ich immer noch...
                              "Damals, als ich in meinem Alter war..."

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                              • Nemere
                                Cold Warrior
                                • 12.06.2008
                                • 2806

                                #45
                                Eventuell Fernleihe und dann kopieren?

                                Der Band 3 ist lt. Angaben des KVK in Niedersachsen / Hamburg in einigen Büchereien verfügbar:

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