Truppenverwaltungsoffiziere - Planungen 1962

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  • Nemere
    Cold Warrior
    • 12.06.2008
    • 2843

    #1

    Truppenverwaltungsoffiziere - Planungen 1962

    Es ist schon erstaunlich, mit was für einem Unsinn sich Ministerien, hier das BMVg, beschäftigen. Ich bin per Zufall in digitalisierten Akten des Bundesarchivs- Militärarchiv auf einen eigentlich völlig nebensächlichen Vorgang gestolpert – siehe dazu beigefügten Aktenauszug.

    Die Bundeswehrverwaltung war von Anfang an eine rein zivile Angelegenheit, ganz im Gegensatz z.B. zur Wehrmacht, deren Zahlmeister, Intendanten usw. Soldaten waren.
    1962 gab es anscheinend Bestrebungen für die Einführung einer Laufbahn der Offiziere des Truppenverwaltungsdienstes. Was sofort ausbrach, waren Streitigkeiten um die Waffenfarbe und die Laufbahnkennzeichnung dieser Offiziere, was sich in den handschriftlichen Bearbeitungsvermerken der Akten niederschlägt und auf einen latenten innerministeriellen Kleinkrieg zwischen militärischer und ziviler Seite schließen lässt.

    Bereits am 3. Febr. 1962 stellt ein Sachbearbeiter beim Führungsstab des Heeres fest: „Wir haben keine Farben mehr!“ Er bezieht sich damit auf das schon bei der Einführung der Waffenfarben aufgetretene Problem, das sich viele dieser Farben nicht deutlich genug unterscheiden. Die im Rosa – Rot – Orange-Bereich angesiedelten Farbtöne von Panzern, Artillerie, Heeresfla, ABC-Abwehr und Feldjägern lassen sich bei ungünstigster Beleuchtung oder bereits etwas verwaschenen Abzeichen tatsächlich nur schwer auseinanderhalten. Nicht besser ist es beim Blau von Sanität und Technischen Truppen.

    Am 12. Febr. 1962 wird vorgeschlagen: Waffenfarbe mittelblau wie Technische Truppe und den Merkurstab (aus dem kaufmännischen Bereich) als Laufbahnabzeichen.

    Am 19. Febr. 1962 erklärt der Leiter Verwaltung und Recht im BMVg (VR) dass er keine besondere Kennzeichnung braucht, aber er will eine besondere Waffenfarbe vorschlagen und möchte, dass Beamte mit abgeschlossener akademischer Ausbildung die Kragenspiegel der Generalstäbler tragen. Der Sachbearbeiter im Führungsstab des Heeres kommentiert das handschriftlich: „An dieser Einstellung scheitert praktisch seit Jahren die Uniformierung der Tr.Verw. Beamten“ und bemerkt am Ende des Schreibens noch: „Überschrift: Vom Uffz zum Generalmajor. Genau diese Stellungnahme habe ich erwartet.“
    Wahrscheinlich wollte er damit auf die Tatsache anspielen, dass viele Beamte der Truppenverwaltung ehemalige Zeitsoldaten aus der Unteroffizierlaufbahn waren, die den sog. Eingliederungsschein zur Übernahme in den öffentlichen Dienst in Anspruch nahmen und dann tatsächlich z.B. vom Oberfeldwebel (Z 12) aus auch den gehobenen Dienst bei der Truppenverwaltung erreichen konnten.

    Einen Höhepunkt erreichte dieser absurde Kindergartenstreit am 4. April 1962 mit einem Schreiben von Verwaltung und Recht. Als Waffenfarbe wird für alle Offiziere des Truppenverwaltungsdienstes das karmesinrot der Generalstäbler vorgeschlagen. Die Akademiker unter den Beamten sollten dazu auch die Kragenspiegel des Generalstabes erhalten. Das Karmesinrot des Generalstabes auch für den kleinen Regierungsinspektor in der Truppenverwaltung eines Bataillons, der doch nur dem Rang eines Leutnants entspricht, das ging natürlich gar nicht!
    Folgerichtig dazu der handschriftliche Kommentar des Sachbearbeiters FüH: „Die sind wohl völlig (größen-) wahnsinnig geworden!“

    Anscheinend schlief die Sache in der Folge sang- und klanglos ein.
    Angehängte Dateien
  • uraken
    Cold Warrior
    • 27.09.2008
    • 865

    #2
    Manche hatten echt wichtige Probleme ....

    Kommentar

    • Nemere
      Cold Warrior
      • 12.06.2008
      • 2843

      #3
      Zitat von uraken Beitrag anzeigen
      Manche hatten echt wichtige Probleme ....
      Man muss sich vor allem anhand der Verteiler mal ansehen, was für hochrangige und damit teure Leute damit beschäftigt wurden. Das letzte Schreiben von VR ging an 8 Abteilungen des Ministeriums. Die dort zuständigen Beamten bzw. Soldaten waren mit 2 Ausnahmen alle in der Besoldungsgruppe B 6, also Ministerialdirigenten bzw. Brigadegeneräle. Nur bei P III und bei bei FüM 1 saß lediglich ein Oberst bzw. ein Kapitän zur See (je nach Einstufung entweder A 16, B 2 oder B 3).
      Da es damals noch keine E-Mails gab. wurden die entsprechenden Stellungnahmen einer Sekretärin diktiert, von dieser ins Reine geschrieben, unterschrieben und wanderten dann auf dem internen Postverteilerweg per Amtsboten hin und her. Ein unnützer Zeitaufwand, damit sich einige anscheinend nicht ausgelastete Herren profilieren konnten.

      Der damalige Leiter von VR, Ernst Wimmer, scheint sowieso ein Faible für Abezeichen und Fahnen gehabt zu habe. Er brachte 1948 den Entwurf einer neuen Deutschlandflagge ins Gespräch, dieser Entwurf beruhte auf Vorschlägen seines im Zusammenhang mit dem 20. Juli 1944 hingerichteten Bruders Josef. Heute wird diese Flagge von Pegida und anderen rechtslastigen Gruppen verwendet, kann problemlos bei Amazon gekauft werden.

      Um Deutschland nach einem erfolgreichen Aufstand gegen Hitler ein neues Symbol zu geben, entwarf der Zentrumspolitiker Josef Wirmer eine Flagge. Heute wird sie von rechten Gruppen vereinnahmt.


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      • uraken
        Cold Warrior
        • 27.09.2008
        • 865

        #4
        So was relaiviert immer dass was ich täglich im Arbeitsleben erlebe, danke !

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        • Nemere
          Cold Warrior
          • 12.06.2008
          • 2843

          #5
          Ich muß einen Schreibfehler korrigieren, der Leiter von VR anno 1962 hieß WiRmer, nicht Wimmer. Anscheinend hat die Autokorrektur von WORD wieder unbemerkt zugeschlagen.

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          • Dragoner
            Cold Warrior
            • 15.03.2008
            • 2130

            #6
            Danke für den Lachanfall! Man fragt sich in großen Organisationen, wie es das Militär nun einmal unweigerlich ist, aber nicht nur dort, gelegentlich bis heute, wer der größere Gegner ist: der Feind (bzw. Mitbewerber) oder das Paralleluniversum der hauseigenen Bürokratie ...

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            • DeltaEcho80
              Cold Warrior
              • 09.03.2013
              • 1713

              #7
              Danke für diese Unterlagen und deine Ausführungen. Ich denke, dass es solche Beispiele sicher auch heute noch in der Bundeswehr gibt. Aber nicht nur da, wie Dragoner schon schreibt.

              Wir sind derzeit dabei, ein neues Feuerwehrhaus zu bauen bzw. bauen zu wollen. Man glaubt nicht, was da alles für "zuständige Stellen" aus ihren Löchern gekrochen kommen und Forderungen stellen oder Auflagen machen.

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              • uraken
                Cold Warrior
                • 27.09.2008
                • 865

                #8
                Ich habe eine vage Idee über das Spektrum der "zuständigen Stellen" und zu gleich die Befürchtung das ich da hoffnungslos optimistisch bin.

                Was Feinde und Gegner betrifft.
                Ich hatte mal in eine Buch sinngemäß folgendes gelesen:

                Die US Navy hat Gegner (Opponents) und Feinde (enemies).

                Gegner sind nur zeitlich befristet, wie die Achsenmächte im WW2 als Beispiel, Feinde aber permanent wie die Army und später noch die Air Force. Die beiden wollen an den gleichen Geldtopf ran wie die Navy.

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                • DeltaEcho80
                  Cold Warrior
                  • 09.03.2013
                  • 1713

                  #9
                  Zitat von uraken Beitrag anzeigen
                  Ich habe eine vage Idee über das Spektrum der "zuständigen Stellen" und zu gleich die Befürchtung das ich da hoffnungslos optimistisch bin.
                  Die Gemeinde hat sich entschlossen, gleich neben das Feuerwehrhaus den Bauhof anzubauen - wird also ein großes Funktionsgebäude. Da das Grundstück im Außenbereich unseres Ortes liegt, muss ein neuer Bebauungsplan aufgestellt werden. Und zu diesem Bebauungsplan sind sage und schreibe 47(!) Stellungnahmen eingegangen. Feldhamster hatten wir zwar keine, dafür aber einen alten Obstbaum mit einer seltenen Fledermausart. Jetzt muss die Gemeinde als Ausgleich eine Nistmöglichkeit für diese Tiere schaffen.
                  Auch weiß ich jetzt, dass in Bayern bei Neubauten ein Abstand von 20 Metern zu einer Staatsstraße eingehalten werden muss ;-)

                  Hier haben wir mal ein Bautagebuch angefangen: https://ffw-schwanfeld.de/informatio...us-schwanfeld/

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                  • uraken
                    Cold Warrior
                    • 27.09.2008
                    • 865

                    #10
                    In dieser Sitzung wurden bereits einige Details besprochen wie z.B. die Fassadenfarbe für das Feuerwehrgerätehaus.
                    Da ging es bestimmt hoch her :-)

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