Verteidigung an Flusshindernissen und Kriegserfahrungen

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  • Nemere
    Cold Warrior
    • 12.06.2008
    • 2843

    #1

    Verteidigung an Flusshindernissen und Kriegserfahrungen

    Ich habe einen interessanten Bericht eines Wehrmachts-Generals zu Erfahrungen in der Verteidigung hinter Flüssen an der Ostfront gelesen. Generalleutnant Friedrich Hoßbach, Kommandierender General des XXXXVI. Panzerkorps im August 1943, in der Phase des Abbruch des „Unternehmens Zitadelle“ im Frontbogen von Kursk und dem anschließenden Rückzug auf den Dnjepr, schreibt dazu:
    „Die deutsche höchste Führung hatte aber keinerlei vorsorgliche Maßnahmen für einen defensiven Entscheidungskampf am Dnjepr getroffen. Weder war die Barriere des Stromes zu Verteidigungszwe-cken von langer Hand ausgebaut, noch standen frische, unverbrauchte Kräfte zur Aufnahme der auf den Dnjepr zurückgehenden Divisionen zur Verfügung."

    Weiter stellt er die Frage, ob Flüsse, „wie Rhein, Elbe und alle anderen Flüsse auf dem europäischen Festland", überhaupt ein „unüberwindliches Naturhindernis" bilden können. „Die Vorstellung, daß die Verteidigung hinter Strömen und Flüssen in großer Unterlegenheit und mit weniger Kraftaufwand als in normalen Stellungen geführt werden könne, wird nach den Erfahrungen des letzten Krieges nicht aufrecht zu erhalten sein. Das Naturhindernis bildet nur dann für den Verteidiger einen Kraftzuwachs, wenn es selbst und das feindliche Vorgelände in voller Breite und großer Tiefe unter lückenlosem Feuer der Erd- und Luftwaffen gehalten werden kann, zahlreiche taktische Reserven zu sofortigem Gegenstoß zur Schlachtentscheidung verfügbar sind. Die moderne Verteidigung ist häufig mehr ein beweglicher Kampf um tiefe Flächen als um die Hauptkampflinie.“

    Quelle: Friedrich Hoßbach, Streiflichter aus den Operationen des Südflügels der Heeresgruppe Mitte vom Juli 1943 bis April 1944, in: Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 117 (1951), H. 4, S. 251-269.



    Übertragen auf die Zeiten des „Kalten Krieges“:
    Ob von Seiten der NATO das lückenlose Feuer der Erd- und Luftwaffen in voller Breite und vor allem Tiefe des feindlichen Vorgeländes z.B. an Elbe und Elbe-Seitenkanal zur Verfügung gestanden hätte, lasse ich mal dahingestellt.
    Für die ersten Jahre der NATO, als man noch am Rhein verteidigen wollte, traf das garantiert nicht zu.
    Zumindest haben sich später aber I. (GE) und II. (GE) Korps bemüht, ausreichend Reserven zu schaffen. Im Falle des II. Korps waren es nach 1985 immerhin annähernd 2 Divisionen, allerdings auf Kosten einer zumindest in Teilen fragwürdigen Verteidigung am VRV durch die nicht sehr bewegliche Luftlandedivision. Mit dieser Division wäre der „bewegliche Kampf um tiefe Flächen“ nicht möglich ge-wesen.
    Beim I. Korps scheint mir das nicht so gelungen zu sein, weil NORTHAG hier die eventuell freien Kräfte als Reserven an sich zog, so dass nach meinem Kenntnisstand das I. (GE) Korps nicht mal eine Division als Reserve hatte.
  • EmilBerggreen
    Cold Warrior
    • 19.07.2015
    • 514

    #2
    Guten Morgen Jörg,


    Deine These, warum z.B. der Elbe-Seitenkanal (ESK) von der NATO nur unzureichend hätte verteidigt werden können, erschließt sich mir überhaupt nicht.
    Tatsache ist doch, dass der ESK moderner Bauweise war und ein erhebliches Panzerhindernis darstellte.
    D.h. der WAPA konnte nicht in gewünschter Gefechtsformation Lüneburg, Bad Bevensen oder Uelzen angreifen, sondern musste an bestimmten Stellen Kriegsbrücken bilden.


    Und eben an diesen kann sich das verteidigende Feuer von Artillerie und Luftwaffe relativ einfach konzentrieren.
    Eine Massierung und Kanalisierung von Feindpanzern an bestimmten Übergangsstellen wird doch ganz schnell zum Panzergrab, oder?


    Oder mache ich gerade einen Denkfehler?

    Kommentar

    • DeltaEcho80
      Cold Warrior
      • 09.03.2013
      • 1713

      #3
      Zitat von EmilBerggreen Beitrag anzeigen
      Und eben an diesen kann sich das verteidigende Feuer von Artillerie und Luftwaffe relativ einfach konzentrieren.
      Eine Massierung und Kanalisierung von Feindpanzern an bestimmten Übergangsstellen wird doch ganz schnell zum Panzergrab, oder?


      Oder mache ich gerade einen Denkfehler?
      Ich bin zwar nicht Jörg, aber Jörg schreibt ja, dass er anzweifelt, ob genau diese benötigte Feuerkraft zur Verfügung gestanden hätte.

      Kommentar

      • Nemere
        Cold Warrior
        • 12.06.2008
        • 2843

        #4
        Hallo Emil,

        Du machst hier sicher keinen Denkfehler. Ich habe auch nicht behauptet, dass der Elbe-Seitenkanal keine starke Sperrwirkung gehabt hätte, sondern lediglich meine Bedenken angemeldet, ob die doch insgesamt eher knappen Kräfte für ein nachhaltiges Verteidigen hier ausgereicht hätten. Die beweglichen und überall verfügbaren Reserven sehe ich auf NORTHAG-Ebene nicht. Auch kann ich keine ausreichenden Mittel sehen, um wirklich in die Tiefe des gegnerischen Raumes zu wirken. Im Vergleich zu dem was der Warschauer Pakt aufbieten konnte, um in „unseren“ Raum zu wirken, waren Artillerie und Luftwaffe der NATO hier mager aufgestellt.

        Ich bin auch nicht überzeugt davon, ob der Warschauer Pakt wirklich den Elbe-Seitenkanal in breiter Front forcieren wollte. Ich vermute eher die Bildung eines extremen Schwerpunkts an einer Stelle, wo unter massiven Artillerie- und Luftwaffen-Einsatz ein Brückenkopf erzwungen und dieser ausgeweitet wird. Wenn zunächst die Artillerie der NATO, die auf diese eine Brückenstelle wirken kann, ausgeschaltet wird, ist die Gefahr des „Panzergrabs“ schon etwas relativiert. Auch die Luftwaffe kann durch entsprechenden Einsatz der sowjetischen Frontfliegerkräfte und genügend Flugabwehr in ihrer Wirkung sehr eingeschränkt werden. Beispiele gibt es hier in der Kriegsgeschichte, z.B. die „Flak-Glocke“ über der Straße von Messina beim Rückzug der Wehrmacht aus Sizilien.

        Auch die Frage der Durchhaltefähigkeit der NATO-Truppen stellt sich hier. Der erwähnte Aufsatz bezieht sich auf eine nachhaltige Verteidigung. Es geht also nicht nur darum, die ersten Artillerieschläge und den Angriff der ersten Staffel zu überstehen, sondern um eine tage-, wenn nicht wochenlange Kampfführung am Elbe-Seitenkanal. Wenn ich die Sperrwirkung dieses Kanals länger für mich nutzen will, sind meine Truppen zu großen Teilen am Kanal gebunden, können also nur sehr begrenzt der feindlichen Waffenwirkung ausweichen. Es werden also erhebliche Verluste auftreten, die vor allem angesichts der fehlenden materiellen Reserven der NATO kaum ausgeglichen werden können.

        Grüße
        Jörg

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        • Hoover
          Cold Warrior
          • 19.12.2013
          • 601

          #5
          Tatsache ist doch, dass der ESK moderner Bauweise war und ein erhebliches Panzerhindernis darstellte.
          Moin,
          die Aussage würde ich relativieren. Als wir (PiBtl11) das Material des PiBtl 120 1992 nach Storkow abgaben und wir über die eventuellen Mögchkeitn der NVA-Pioniere im Kriegsfalle sprachen, haben uns die dortigen ehemaligen NVA-Pionieroffiziere erzählt, dass der ESK sehr gut erkundet war und ständig Übungen zur Überquerung solcher Hindernisse geführt wurden. Angeblich war das kein großes Hindernis, weil man ihn kannte und vorbereitet war.

          Ich habe mal eine Karte gesehen, wo die Weser abgebildet war, mit genauen Angaben zu Böschungswinkeln, Untergrundbeschaffenheit, Fließgeschwindigkeiten, Vorgaben zur Gewässerüberwindung. Die gab es für jeden Fluss in der BRD, sagten die uns ganz stolz.

          Ich denke, der ESK wurde von der NATO evtl etwas überschätzt hinsichtlich der Sperrwirkung.

          Beste Grüße und Anker wirf!
          Frank
          "Damals, als ich in meinem Alter war..."

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          • Nemere
            Cold Warrior
            • 12.06.2008
            • 2843

            #6
            Zitat von Hoover Beitrag anzeigen
            Ich habe mal eine Karte gesehen, wo die Weser abgebildet war, mit genauen Angaben zu Böschungswinkeln, Untergrundbeschaffenheit, Fließgeschwindigkeiten, Vorgaben zur Gewässerüberwindung. Die gab es für jeden Fluss in der BRD, sagten die uns ganz stolz.
            Diese Karten gab es auch bei den Pionieren des Territorialheeres der Bundeswehr für jeden größeren Fluss. Sie waren Teil der "pioniertechnischen Führungshilfen" und nannten sich "Gewässerübersichten". Erstellt und aktuell gehalten wurden diese Übersichten von den Pionierdienstgruppen der VKK und VBK, dazu wurde auch Grundlagenmaterial der Wasserwirtschaftsämter und der Wasserstraßenverwaltung herangezogen. Diese Übersichten gab es teilweise auch als Auflegefolien für die Karte der Geländebefahrbarkeit.

            Grüße
            Jörg

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            • Hoover
              Cold Warrior
              • 19.12.2013
              • 601

              #7
              Ich kenne diese für bundesdeutsche Flüsse, ich denke nciht, dass es diese in dem Ausmaß für Gewässer im Osten gab, oder?
              "Damals, als ich in meinem Alter war..."

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              • Nemere
                Cold Warrior
                • 12.06.2008
                • 2843

                #8
                Ja, ich meinte Flüsse im Westen, hätte ich vielleicht deutlicher formulieren sollen.

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                • EmilBerggreen
                  Cold Warrior
                  • 19.07.2015
                  • 514

                  #9
                  Ich würde gerne noch einmal auf das Thema Verteidigung eines Brückenkopfes eingehen.
                  Gut, der 5. NVA-Armee gelingt es jetzt z.B. den ESK bei BAD BEVENSEN im Norden und im Süden bei BAD BODENTEICH zu forcieren und starke Panzerkräfte über den Kanal zu führen.
                  Die Bodentruppen der NVA gehen mit starkem Flakriegel und Artilleriesperrfeuer auf Gebiete westlich des ESK vor, so dass es für die 3. Panzerdivision schwierig wird, die eigene Artillerie gegen die Brückenköpfe zur Wirkung zu bringen.


                  Was aber hindert die 2ATAF/2. Alliierte Taktische Luftflotte (NORTHAG) aus der Ferne ständig in mehreren Wellen und aus verschiedenen Richtungen eben diese Brückenköpfe mit Smart Bombs anzugreifen?
                  Mit Tornados, Phantom Jabos oder welchen Kampfflugzeugen auch immer.
                  Eine Rotte, die sich um die Schilkas (FlakPz) kümmert und die andere um die schutzlose Brücke.
                  Ja, der Angriff auf die Thanh Hóa in Nordvietnam im Jahr 1972 war eine größere Operation in vielen Anläufen, bis die massive Eisenbahnbrücke endlich nach größeren Verlusten, SAM-Abwehrfeuer und Luftkämpfen zerstört werden konnte.
                  Aber eine Kriegsbrücke, eine leichte Pontonbrücke, ist doch ein ganz anderes Ziel, mit wesentlich geringerem Aufwand zu bekämpfen.
                  Die Technologie von lasergelenkten Smartbombs 1972 und dann zehn Jahre später sehr viel weiterentwickelt.


                  Okay, die 2ATAF kann nicht überall sein. Auch die hat nur eine begrenzte Anzahl von Jagdflugzeugen, Jabos, etc., die einerseits nicht die FOFA-Ziele, also die von Rogers geforderte 2. Staffel des WAPA irgendwo in Polen bekämpft und gleichzeitig die 1. Staffel, die sich gerade im Kampf gegen NORTHAG befindet.
                  Die begrenzten Ressourcen sind da wahrscheinlich das ausschlaggebende Moment.


                  Hatte ich auch schon einmal erwähnt, oder?

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                  • Hoover
                    Cold Warrior
                    • 19.12.2013
                    • 601

                    #10
                    Was aber hindert die 2ATAF/2. Alliierte Taktische Luftflotte (NORTHAG) aus der Ferne ständig in mehreren Wellen und aus verschiedenen Richtungen eben diese Brückenköpfe mit Smart Bombs anzugreifen?
                    Der WP hatte eine beachtliche Truppenluftabwehr, da wäre es sicher nur unter großen Verlusten möglich, eine Brücke wirksam anzugreifen. Und die Anzahl der eigenen JaBos war nun auch nicht unendlich. Ja, man hätte sciher einen Verteidigungsschwerpunkt bilden und alles an Flugzeugen dann auf diese Brücke hetzen können, aber nur unter dem Preis, dass man andere Bereiche gar nicht mehr oder nur sehr schwach hätte unterstützen können. Und die WP-LSK wüssten dann auch von der Wichtigkeit und würden den Luftraum verteidigen. Das Ergebnis für die NATO wäre eine Luftschlacht auf sehr begrenztem Raum über feindlichem Gebiet mit endlichen Ressourcen. Ich müsste mal die Zahlen raussuchen, wer was zur Verfügung hatte. Der WP hätte den Vorteil, dass sie den Angriffsschwerpunkt setzen könnten. Die NATO hätte nicht nur diesen al Verteidigungschwerpunkt, sondern müsste auch noch Kräfte zur Verteidigung des "Restes" in der Hinterhand halten.
                    "Damals, als ich in meinem Alter war..."

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                    • EmilBerggreen
                      Cold Warrior
                      • 19.07.2015
                      • 514

                      #11
                      Okay, das heißt also mit ein paar leichten Alpha Jets oder Hawker Siddeley Harrier Senkrechtstartern (oder waren die nur bei der Royal Navy in Verwendung - nein, die gab es lt. WP auch bei der RAF Gütersloh) diese Brücke angreifen zu wollen, wäre bei einer starken Truppenluftabwehr Selbstmord.

                      Ja, würde mich natürlich auch mal interessieren, wo lagen die Leistungsgrenzen der 2ATAF und wo waren sie stark limitiert.

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                      • Hoover
                        Cold Warrior
                        • 19.12.2013
                        • 601

                        #12
                        Die Air Force hatte Harrier, die Navy hatte Sea Harrier.


                        Die hatten schon Flugzeuge, aber die wären wohl nicht alle auf einen Schwerpunkt angesetzt gewesen. Harrier und Alpha Jet wären da wohl nciht erste Wahl gewesen, aber Tornados, F15 und F16.
                        "Damals, als ich in meinem Alter war..."

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                        • EmilBerggreen
                          Cold Warrior
                          • 19.07.2015
                          • 514

                          #13
                          Hallo Hoover,

                          kannst Du das bitte nochmal spezifizieren?

                          Also ich habe folgendes gefunden:
                          · Panavia Tornado. Mehrzweckkampfflugzeug mit Schwenkflügeln. Ab 1980 in Dienst gestellt. IDS Tornado für Abriegelung und Angriff und auch als Jagdbomber. Jabo-Aufgabe passt also. Deutsche Luftwaffe. Nörvenich Air Base. Jagdbombergeschwader 31 (JaboG 31), 2× Geschwader 16 × Tornado IDS, 6× Tornado IDS in Reserve. Jever Air Base. Jagdbombergeschwader 38 (JaboG 38), 1 Geschwader 24 × Tornados IDS
                          · McDonnell Douglas F-15. Luftüberlegenheitsjäger und Jagdbomber nach dem "Strike Eagle Konzept". Ab 1974 in Dienst gestellt. US Air Force Soesterberg Air Base, NL: 32d Tactical Fighter Geschwader, 24× F-15C Eagle
                          · General Dynamics F-16. Mehrzweckflugzeug als leichtes Jagdflugzeug konzipiert. Belgische Luftwaffe. 1st Wing, Beauvechain Air Base. 2nd Wing, Florennes Air Base. 10th Wingnote 2, Kleine Brogel Air Base

                          Aber okay, das führt vom eigentlichen Thema auch zu weit weg.
                          Viele Grüße

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                          • Nemere
                            Cold Warrior
                            • 12.06.2008
                            • 2843

                            #14
                            Zitat von EmilBerggreen Beitrag anzeigen
                            Ich würde gerne noch einmal auf das Thema Verteidigung eines Brückenkopfes eingehen.
                            Gut, der 5. NVA-Armee gelingt es jetzt z.B. den ESK bei BAD BEVENSEN im Norden und im Süden bei BAD BODENTEICH zu forcieren und starke Panzerkräfte über den Kanal zu führen.
                            Die Bodentruppen der NVA gehen mit starkem Flakriegel und Artilleriesperrfeuer auf Gebiete westlich des ESK vor, so dass es für die 3. Panzerdivision schwierig wird, die eigene Artillerie gegen die Brückenköpfe zur Wirkung zu bringen.


                            Was aber hindert die 2ATAF/2. Alliierte Taktische Luftflotte (NORTHAG) aus der Ferne ständig in mehreren Wellen und aus verschiedenen Richtungen eben diese Brückenköpfe mit Smart Bombs anzugreifen?
                            ...
                            Eine Rotte, die sich um die Schilkas (FlakPz) kümmert und die andere um die schutzlose Brücke.
                            ...
                            Aber eine Kriegsbrücke, eine leichte Pontonbrücke, ist doch ein ganz anderes Ziel, mit wesentlich geringerem Aufwand zu bekämpfen.

                            Die begrenzten Ressourcen sind da wahrscheinlich das ausschlaggebende Moment.
                            1. Eine Rotte sind zwei Flugzeuge, damit dürfte bei dieser Lage wenig auszurichten sein

                            2. Die Brücke ist garantiert nicht schutzlos. Dem Warschauer Pakt standen auch auf Ebene der Armeen und Fronten noch Flugabwehrkräfte zur Verfügung. Ein momentan wichtiges Objekt wie eine Kriegsbrücke hätte man garantiert nicht nur den Flugabwehrbataillonen der vorne eingesetzten Divisionen überlassen, sondern man hätte Flugabwehrverbände der höheren Führungsebenen dicht herangehalten, die sofort nach Brückenschluß dort zum Einsatz gekommen wären.

                            3. Sicher ist eine Pontonbrücke empfindlicher als eine massive Stahlbeton- oder Eisenträgerbrücke. Andererseits ist es gerade ein Merkmal von Kriegsbrücken, dass sie bei starkem feindlichen Feuer eben auch sehr schnell verlegt werden können. Gerade in einem Kanal, mit einem sehr gleichmäßigen Stromprofil, ohne Untiefen, ohne starke Biegungen, nur geringer Strömung und weitgehend gleichbleibender Breite ist eine Kriegsbrücke sehr schnell wieder einzelne Elemente aufgelöst, die zu einer neuen Übergangsstelle geschleppt werden können. Die Brückenteile liegen bereits im Wasser und müssen nur wieder gekoppelt werden, das zeitraubende zu Wasserbringen entfällt. Diese Verlegemöglichkeiten sind Teil der Erkundung bei jedem Kriegsbrückenschlag, das war bei der Bundeswehr nicht anders.

                            4. Die verfügbaren Ressourcen und die aktuelle Lage sind immer die ausschlaggebenden Momente. Sicher kann 2. ATAF alle vorhandenen Flugzeuge auf diesen Brückenschlag einsetzen, wenn
                            a) die Flugzeuge nicht woanders vielleicht genauso dringend gebraucht werden. Dann muss nötigenfalls NORTHAG entscheiden
                            b) genügend geeignete Abwurfmunition auf den richtigen Flugplätzen vorhanden ist. Wenn die hier notwendige spezielle Munition - so sie überhaupt in ausreichender Menge verfügbar ist - erst zu den Plätzen gebracht werden muss, kann es zu spät sein.
                            c) genügend einsatzbereite Flugzeuge vorhanden sind. Wenn 50 % der Flugzeuge zum Zeitpunkt der Auftragserteilung erst von einer anderen Mission zurückkehrten und erst getankt, gewartet und aufgerüstet werden müssen, kann dies auch die Menge der an der Brückenstelle verfügbaren Angriffsflugzeuge beeinflussen.
                            d) kann sich 2. ATAF /NORTHAG die zu erwartenden hohen Verluste leisten oder steht man nach dem vielleicht erfolgreichen Angriff auf die Brücken nur noch mit sehr wenig einsatzbereiten Flugzeugen für die weitere Kampfführung da? Ersatz für vernichtete Kampfflugzeuge war in nutzbarer Zeit nicht zu erwarten. Es gibt in der Militärgeschichte mehr als genügend Beispiele, wo die jeweilige Luftwaffe einen vermeintlichen Erfolg durch rücksichtslosen Einsatz erzielte, der sich dann aber wegen der später fehlenden Maschinen als Bumerang oder als Pyrrhus-Sieg erwies:
                            - die deutsche Luftlandung auf Kreta 1941, wo über 50 % der eingesetzten Transportmaschinen verloren gingen. Danach gab es keine Luftlandeeinsätze der Fallschirmjäger mehr, weil es keine ausreichenden Transportkapazitäten mehr gab. Das endgültige Aus für die deutschen Transportflieger war dann die Versorgung Stalingrads.
                            - das Unternehmen "Bodenplatte", der letzte Großeinsatz der Luftwaffe im Westen 1945. Verloren gingen um die 40 % der deutschen Flugzeuge, was zum völligen Zusammenbruch der deutschen Heimatluftverteidigung führte.
                            - die See-/ Luftschlachten im Pazifik ab 1942, wo sowohl die Amerikaner, wie auch die Japaner extreme Verluste an Flugzeugen erlitten. Die Amerikaner konnten diese letztendlich durch ihre überlegene Rüstungsindustrie wieder ausgleichen, die Japaner nicht.

                            Natürlich hätte man die sowjetischen Kriegsbrücken über den Elbe-Seiten-Kanal mit Luftwaffe angreifen können, wahrscheinlich wäre auch gar nichts anderes übriggeblieben. Aber es erscheint mir wichtig, auf die Problematik dieses Entschlusses hinzuweisen.

                            Kommentar

                            • uraken
                              Cold Warrior
                              • 27.09.2008
                              • 865

                              #15
                              Mir ist die ganze Diskussion etwas zu digital.
                              Auf der einen Seite "unüberwindlich", auf der anderen das Gegenteil.
                              Es ist vollkommen klar das Flüsse und Kanäle nicht unüberwindlich sind. Schon die Caesar Legionen und die seiner Nachfolger kamen z.B. über den Rhein trotz unfreundlicher Germanen auf der anderen Seite.
                              Sowohl der ägyptische Angriff im Yon Kippur Krieg als auch der israelische Gegenangriff zeigten wie "schnell" dies möglich war.
                              Allerdings nur wenn der Angreifer sich entsprechend mit Material, Ausbildung und Planung darauf vorbereitet hatte. Die Ägypter knobelten an Nuss Suez Kanal mehrere Jahre und auch die Israelis hatten ihre Pläne und Geräte bereit als es zum Treffen kam.
                              Ich stelle mal die These auf das ein Verteidiger, der nicht in der Lage ist eine Angreifer trotz eines großen künstlichen oder natürlichen Hindernisses wie den Rhein oder auch den Elbe Seitenkanal nicht stoppen kann, selbigen Angreifer auch nicht im offenen Gelände aufhalten kann.
                              Egal wie stark Pioniertechnik den Hinderniswert reduziert, es ist und bleibt ein Hindernis, dessen Forcierung erhebliche Ressourcen bindet und eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt.
                              Ressourcen die ein Angreifer sonst anders eingesetzt hätte, sei es nun mehr Panzer statt Pioniere oder anderes.
                              Sicher nicht soviel wie erhofft, siehe die Israelische Überraschung wie "schnell" die Ägypter über den Kanal kamen, aber auch das dauerte Stunden, wenn auch nicht geplanten 48. Stunden die ein fähiger Verteidiger nutzen muß um zu überleben.

                              Noch eine paar persönliche Gedanken zum Elbe Seitenkanal.
                              Persönlich glaube ich das es nicht klug war zu weit vorne zu verteidigen, Kanäle hin oder her. Der Angreifen war nahe seiner Versorgungsbasen, konnte Feuerunterstützung aus lange vermessenen, gut versorgten und anderweitig vorbereiten Artillerie Stellungen geben usw.
                              Politisch mag es wünsch wert gewesen sein, einen Angreifer sofort zu stoppen, es mag aber an vielen Stellen militärische sinnvoller gewesen sein die erste "Sperrlinie" so weit von der Grenze entfernt zu ziehen um einiger der genannten Vorteile des Angreifers zu negieren.
                              Eine Verteidigung direkt am Elbe Lübeck Kanal, der zum Teil nur ein paar Steinwürfe von der Innerdeutschen Grenze entfernt war ist sicher schwere als z.B.an der Naab, die so 30km von der Grenze weg liegt. Teile des Elbe Seiten Kanals sind halt sehr dicht an der Grenze.
                              Ob nun diese Vorteile für den Angreifer durch den Hinderniswert des Kanals aufgewogen werden kann ich nicht sagen, das ist was für Profis. Und es spielt natürlich auch immer die größere Lage eine Rolle.

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