Manöver "Kecker Spatz" 1987

Einklappen
X
 
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge
  • Nemere
    Cold Warrior
    • 12.06.2008
    • 2843

    #1

    Manöver "Kecker Spatz" 1987

    Hallo,

    ich habe in einem Heft der "Allgemeinen Schweizerischen Militärzeitschrift" einen sehr interessanten Artikel eines Schweizer Offiziers zu seinen Beobachtungen während des deutsch-französischen Manövers "Kecker Spatz" 1987 gefunden. Ich habe die Punkte, die mir wichtig erscheinen gelb markiert. In den meisten Fällen muss ich ihm recht geben.

    Grüße
    Jörg
    Angehängte Dateien
  • palatinat
    Systemadministrator
    • 02.01.2008
    • 881

    #2
    Hallo zusammen,

    beeindruckend die Zahl der zur Verfügung stehenden Bände:
    Schweizer Zeitschriften online - Ein Service der ETH-Bibliothek. Revues suisses en ligne - Un service de ETH Library. Swiss journals online - A service by ETH Library.


    Gruß aus der Pfalz

    Kommentar

    • Nemere
      Cold Warrior
      • 12.06.2008
      • 2843

      #3
      Ja, es lohnt sich wirklich hier zu stöbern. Vor allem die Beiträge zur Militärgeschichte sind sehr lesenswert. Schon wenige Jahre nach dem Krieg (1948) erschienen in der ASMZ Erfahrungsberichte deutscher Offiziere zum Einsatz der Wehrmacht im zweiten Weltkrieg, z.B. zum Wandel der Taktik:

      oder 1949 von General Speidel zum Ausbruch aus dem Kessel von Tscherkassy

      Diese Operation war eine der ganz wenigen gelungenen Ausbrüche aus einem Kessel.

      Grüße
      Jörg

      Kommentar

      • EmilBerggreen
        Cold Warrior
        • 19.07.2015
        • 514

        #4
        Kecker Spatz


        Wollte auch noch einmal meinen Senf dazugeben.

        War ein Angriff des WAPA über den HOF-Korridor/Mittelgebirgslandschaft überhaupt wahrscheinlich? Täler, Engen, wo sich Panzerverbände dann kanalisieren und mit Panzerabwehr bekämpft werden können. Gut, der THÜRINGER WALD könnte als natürliche Barriere wirken, liegt aber nicht im Grenzgebiet.
        Angriff ROT auf REGENSBURG, also über den BAYRISCHEN WALD/CSSR hinüber. Ich kann das auf der Karte nicht so gut deuten.
        Verteidigung BLAULAND.
        Lockere und weniger tiefe Kräfteaufstellung. Wie ist das zu verstehen? Man sieht den Verteidigungsabschnitt der 10. PzDiv bei NÜRNBERG und an einer Führungslinie das taktische Zeichen für Schwerpunkt.
        Also allzu aufgelockert kann es dann ja nicht sein.

        Die 1. GebDiv steht auf der Karte aber hinter der 10. PzDiv.
        Die FAR soll zum Gegenschlag zwischen LANDSHUT/ISAR und REGENSBURG/DONAU ausholen. Warum erst so spät? Warum verzögert man mit stärkeren Kräften nicht länger im Mittelgebirge, wo es sich das Gelände sehr viel besser verteidigen lässt als wenn man die Panzer erst so tief nach BAYERN eindringen lässt. Gut, ist halt eine Lage, die man so annehmen muss.
        Worauf soll sich die 1. GebDiv einlassen? Auf einen langwierigen Waldkampf? Oder soll das Ganze in einem Kleinkrieg aufgelöst werden?


        Die deutsche Bundeswehr ... ist gewohnt, auf breiten Fronten udn in tiefen Räumen zu kämpfen.
        Das kann eigentlich nur relativ gemeint sein. Die BRD hat ein kleines Staatsgebiet auf dem es kaum genug Raum für eine ausgedehnte Verzögerung gibt. Es muss eigentlich umgekehrt heißen ... "auf engstem Raum zu kämpfen".
        Trotzdem komme ich mit dem Lagebild nicht klar.

        Phase I: ROT greift beiderseits REGENSBURG an --- stößt da wohl auf unerwartet harte Gegenwehr
        Phase II: nur ein Tag später. ROT verlagert seinen gesamten Schwerpunkt auf einmal weiter in den Süden zwischen LANDSHUT und MÜNCHEN
        Warum? Was soll damit bezweckt werden? Die Einnahme MÜNCHENS? Warum nicht über die FRÄNKISCHE ALB mit Ziel RHEINGRABEN zwischen KARLSRUHE und FRANKFURT/MAIN, um sich dort mit anderen Verbände zu vereinen, die durch das FULDA GAP kamen?
        Phase III: Der Gegenangriff von FAR ist erfolgreich und wird bei REGENSBURG zurückgeschlagen.


        Wahrscheinlich habe ich das große Ganze aber nicht verstanden.

        PS: Wenn das FOFA-Konzept aufgeht und die 2. WAPA-Staffel im Bereich THÜRINGER WALD / BAYRISCHER WALD / CSSR aus der Luft wirksam bekämpft werden kann, dann sollte den angreifenden Verbänden der 1. Staffel schnell Treibstoff und Munition ausgehen. Durch diese lagebedingten und ungeplanten Verschiebungs-/Verlagerungsbewegungen wird ja noch mehr Treibstoff verbraucht. Es heißt, die sowjetischen Kampfpanzer hatten eine große Reichweite und glaube ich teilweise noch einen Zusatztank. Wie lange sie im Gefechtstag mit nur einer Treibstoff-Füllung und einer Kampfbeladung Munition auskommen weiß ich.

        Kommentar

        • Nemere
          Cold Warrior
          • 12.06.2008
          • 2843

          #5
          Hallo,

          da meine Antwort auf Deine vielen Anmerkungen doch etwas ausführlicher ausgefallen ist, habe ich diese im beigefügten Dokument zusammengefasst.
          Grüße
          Jörg
          Angehängte Dateien

          Kommentar

          • EmilBerggreen
            Cold Warrior
            • 19.07.2015
            • 514

            #6
            Hi Jörg,
            wieder einmal besten Dank für Deine detaillierten Ausführungen!

            Okay, Übung versus GDP-Planung, habe ich verstanden.
            So auch die Geographie Nordbayerns. Insbesondere über die Bedeutung der PLAUENER PFORTE!!
            Vernichtung der NATO-Truppen in Nordbayern, okay.


            Economy of Force war mir vollkommen neu. Ich habe einmal nachgeschlagen
            one of the nine Principles of War, based upon Carl von Clausewitz's approach to warfare.
            The Principles of War are a part of United States Army doctrine. The current doctrinal manual for army operations is FM 3–0 Operations, which defines, and describes, economy of force as follows: "Allocate minimum essential combat power to secondary efforts. Economy of force is the reciprocal of mass. It requires accepting prudent risk in selected areas to achieve superiority—overwhelming effects—in the decisive operation. Economy of force involves the discriminating employment and distribution of forces. Commanders never leave any element without a purpose. When the time comes to execute, all elements should have tasks to perform."

            "Warum verzögert man nicht länger im Mittelgebirge?" - dies bezog sich darauf, was ist auf der Strecke von FURTH i. WALD/Grenze bis nach REGENSBURG passiert? Aber das ist ja schon allein dadurch erklärt, dass sich die Übung nicht auf den GDP bezieht.
            Meine Bemerkung über den Waldkampf war dann deplatziert.


            Ich glaube, Dein wichtigster Satz ist:
            Konventionell geführte Kriege werden nicht durch die Einnahme von Großstädten gewonnen, sondern durch das Ausschalten von Truppen

            Gruss,

            Kommentar

            • EmilBerggreen
              Cold Warrior
              • 19.07.2015
              • 514

              #7
              Wahrscheinlich ist folgendes gemeint:


              Der Pfad der Überlegung läßt sich, wie wir gesagt haben, durch Grundsätze und Ansichten selten bis zu einer bloßen Linie einengen. Es bleibt immer ein gewisser Spielraum. So ist es aber in allen praktischen Künsten des Lebens. Für die Schönheitslinien gibt es keine Abszissen und Ordinaten, Kreis und Ellipse werden nicht mit ihren algebraischen Formeln zustandegebracht. Es muß sich also der Handelnde bald dem feineren Takt des Urteils überlassen, der, aus natürlichem Scharfsinn hervorgehend und durch Nachdenken gebildet, das Rechte fast bewußtlos trifft; bald muß er das Gesetz zu hervorstechenden Merkmalen vereinfachen, welche ihre Regel bilden, bald muß die eingeführte Methode der Stab werden, an welchem er sich hält. Als ein solches vereinfachtes Merkmal, als einen Handgriff des Geistes sehen wir den Gesichtspunkt an, stets auf die Mitwirkung alter Kräfte zu wachen, oder mit anderen Worten, es immer und immer im Auge zu haben, daß kein Teil derselben müßig sei. Wer da Kräfte hat, wo der Feind sie nicht hinreichend beschäftigt, wer einen Teil seiner Kräfte marschieren, d. h. tot sein läßt, während die feindlichen schlagen, der führt mit seinen Kräften einen schlechten Haushalt. In diesem Sinne gibt es eine Verschwendung der Kräfte, die selbst schlimmer ist als ihre unzweckmäßige Verwendung. Wenn einmal gehandelt werden soll, so ist das erste Bedürfnis, daß alle Teile handeln, weil die unzweckmäßigste Tätigkeit doch einen Teil der feindlichen Kräfte beschäftigt und niederschlägt, während die ganz müßigen Kräfte für den Augenblick ganz neutralisiert sind. Unverkennbar hängt diese Ansicht mit den Grundsätzen der drei letzten Kapitel zusammen; es ist dieselbe Wahrheit, aber von einem etwas mehr umfassenden Standpunkt aus gesehen und in eine einzelne Vorstellung zusammengedrängt.

              Carl von Clausewitz: Vom Kriege - Kapitel 32 Vierzehntes Kapitel: Ökonomie der Kräfte https://gutenberg.spiegel.de/buch/vom-kriege-4072/32

              Kommentar

              • DeltaEcho80
                Cold Warrior
                • 09.03.2013
                • 1713

                #8
                Zitat von Nemere Beitrag anzeigen
                Hallo,

                ich habe in einem Heft der "Allgemeinen Schweizerischen Militärzeitschrift" einen sehr interessanten Artikel eines Schweizer Offiziers zu seinen Beobachtungen während des deutsch-französischen Manövers "Kecker Spatz" 1987 gefunden. Ich habe die Punkte, die mir wichtig erscheinen gelb markiert. In den meisten Fällen muss ich ihm recht geben.

                Grüße
                Jörg
                Hallo Jörg,

                vielen Dank für die Einstellung dieses Artikels. Für mich sind - wie du schon anmerkst - die Aussagen des Offiziers aus der Schweiz sehr interessant. Er sagt ja so sinngemäß, dass man als Schweiz im Falle der Fälle darauf angewiesen ist, was in Süddeutschland passiert. Interessant auch die Anmerkungen zum Verhalten der Gefechtsstände der BW und der Franzosen.

                In den Literaturquellen zu diesem Artikel wird auf einen Spiegel-Artikel "Wer wirft den Feind aus der Rhön" aus dem Jahr 1980 verwiesen, den ich hier mal verlinke. Dieser Artikel setzt sich sehr kritisch mit dem Thema "Struktur und Bewaffnung" der Bundeswehr auseinander.

                Die Bundeswehr ist für ihre Aufgabe ungeeignet / Von Bundeswehrgeneral Franz Uhle-Wettler Das bundesdeutsche Heer ist übertechnisiert und deshalb zur Verteidigung nicht voll tauglich. Es ist mit seinen »Leopard«-Panzern und »Marder«-Schützenpanzern eher eine Angriffswaffe. Mit dieser These, dargelegt in einer soeben veröffentlichten Studie, schockiert der Brigadegeneral Dr. Franz Uhle-Wettler, Kommandeur einer Panzerbrigade und ab 1. Oktober Planungschef im Nato-Hauptquartier Shape, die Bundeswehrführung. Auszug: Franz Uhle-Wettler: »Gefechtsfeld Mitteleuropa, Gefahr der Übertechnisierung von Streitkräften«. Bernard & Graefe Verlag; 172 Seiten; 12,80 Mark.


                Noch eine Verständnisfrage: Meinst du mit deinem Antwort-Dokument den Kecken Spatz oder den Flinken Igel? Bin gerade etwas verwirrt ;-)
                Zuletzt geändert von DeltaEcho80; 15.10.2019, 15:24.

                Kommentar

                • Nemere
                  Cold Warrior
                  • 12.06.2008
                  • 2843

                  #9
                  Zitat von DeltaEcho80 Beitrag anzeigen
                  Meinst du mit deinem Antwort-Dokument den Kecken Spatz oder den Flinken Igel? Bin gerade etwas verwirrt ;-)
                  Natürlich den "Kecken Spatz". Wahrscheinlich treten jetzt doch die ersten Altererscheinungen bei mir auf. Entschuldigung!

                  Grüße
                  Jörg

                  Kommentar

                  • Nemere
                    Cold Warrior
                    • 12.06.2008
                    • 2843

                    #10
                    Zitat von DeltaEcho80 Beitrag anzeigen
                    In den Literaturquellen zu diesem Artikel wird auf einen Spiegel-Artikel "Wer wirft den Feind aus der Rhön" aus dem Jahr 1980 verwiesen, den ich hier mal verlinke. Dieser Artikel setzt sich sehr kritisch mit dem Thema "Struktur und Bewaffnung" der Bundeswehr auseinander.
                    Zu dem Spiegel-Artikel:

                    Das Problem der Bundeswehr spätestens in der Heeresstruktur 4war die zu geringe Absitzstärke der „mechanisierten“ Infanterie:
                    Marder-Zug: 17 Soldaten (höchstens)
                    Marder-Kp: 62 Soldaten (höchstens)

                    MTW (M 113)-Zug: 24 Soldaten
                    MTW (M 113)-KP: 77 Soldaten

                    Die Entscheidung, das es in den Zügen der Heeresstruktur 4 nur noch zwei statt der bisherigen 4 Gruppen geben sollte, war heiß umstritten. Vor allem zwei Argumente konnten nie widerlegt werden:
                    - die mangelnde Durchhaltefähigkeit bei Verlusten der geschwächten Züge und eben
                    -die zu geringe Absitzstärke
                    Auf der „Gegenseite“ sah es ähnlich aus, eine MotSchtzKp BMP oder BTR hatte abgesessen etwa 70 Soldaten.

                    Bei der „nicht-mechanisierten“ Infanterie, bei der es wenigstens noch drei Gruppen im Zug gab, haben wir folgende Zahlen:
                    Beim Jäger-Btl D (Division) lag die Absitzstärke des Zuges bei 33 und die der Kp bei 105 Soldaten, beim Jäger-Btl C (Heimatschutzregiment) waren es beim Zug ebenfalls 33 und bei der Kp (da 4 Züge) dann 138 Soldaten.

                    In der Heeresstruktur 4 (also ab 1980, das Jahr in dem der Spiegel-Artikel erschien) hatte die Bundeswehr übrigens die stärkste Infanterie ihrer Geschichte:
                    Neben den reinen Infanteriebrigaden (1 x Gebirge, 3 x Luftlande) gab es
                    - bei jeder Division zwei Jäger- und ein Sicherungsbataillon
                    - beim TerrH mehr als zwanzig Jägerbataillone bei den Heimatschutzbrigaden und 45 Jägerbataillone bei den Heimatschutzregimentern
                    - dazu kamen noch zahlreiche Heimatschutzkompanien, Sicherungszüge und WHNS- Sicherungseinheiten.
                    Siehe dazu auch die beigefügte Zusammenstellung.

                    Die Schwächen der von Uhle-Wettler in seinem Buch so hochgelobten deutschen Infanterie des zweiten Weltkriegs verschweigt er allerdings. In der zweiten Kriegshälfte, als der Gegner materiell immer stärker wurde, hatte die nur zu Fuß kämpfende Infanterie keine Chance mehr, weil sie nicht schnell genug reagieren konnte. Das klassische Beispiel ist hier der Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte im Sommer 1944. Hier waren an der Front fast nur Infanterieverbände eingesetzt, die sich innerhalb weniger Tage in nichts auflösten – und dass, obwohl sie teils in den von Uhle-Wettler für die Rhön usw. angenommenen Wäldern und Ortschaften / Städten (z.B. Minsk) kämpften. Wer sich halten konnte, solange die Versorgung funktionierte, das waren die wenigen Panzer- und Panzergrenadierverbände. Ähnliches passierte im Spätsommer 1944 in Rumänien. Diese beiden Schlachten waren die beiden größten deutschen Niederlagen, die es jemals gab, weitaus verlustreicher als Stalingrad.
                    Der Generalleutnant Niepold, später KG III. Korps der Bundeswehr, der diese Katastrophe der Heeresgruppe Mitte als Generalstabsoffizier einer Division miterlebte, hat das Geschehen 1985 in seinem Buch „Mittlere Ostfront Juni ´44“ analysiert und für die Gefechtsführung der Bundeswehr ausgewertet. Er kommt darin zu dem ganz klaren Urteil: Kampftruppen ohne Panzerung sind bei der heutigen starken Feuerwirkung zu anfällig und unbeweglich. Er warnt auch deutlich vor unbeweglichen Panzerabwehrkräften.

                    Das Problem der Personalauswahl und der Verschlechterung der Qualität gerade bei den Kampftruppen ist in dem Artikel (leider) richtig, wenn auch sehr plakativ dargestellt. Die Frage ist nur, ob wir unsere Ansprüche an die Soldaten nicht zu hoch gesteckt hatten. Andere Armeen sahen das pragmatischer. Der Schweizer Major von Dach („Der totale Widerstand“) schreibt in Band 1 a seiner Ausbildungsfibel „Gefechtstechnik“ auf S. 10 zum Typ des „unintelligenten“ Soldaten:
                    „Der Mann ist für Aufgaben zu verwenden, die er zu meistern vermag. … Jeder ist irgendwie noch brauchbar! … Viel Geduld haben. Unintelligente sind dankbare Gefolgsleute, wenn sie Wohlwollen verspüren. Sie machen dann durch Treue wett, was ihnen an Geist abgeht.“

                    Grüße
                    Jörg
                    Angehängte Dateien

                    Kommentar

                    Lädt...
                    X