Der Anschlag auf die Olympischen Spiele 1972

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  • DeltaEcho80
    Cold Warrior
    • 09.03.2013
    • 1713

    #1

    Der Anschlag auf die Olympischen Spiele 1972

    Hallo zusammen,

    in der Chronik der Infanterieschule der BW in Hammelburg habe ich einen Eintrag gefunden, den ich für bemerkenswert halte:


    "Bei den olympischen Spielen in München wird am 05.09.1972 ein Terroranschlag auf die israelische Mannschaft verübt. Die Schießlehrer der Schule bereiten sich auf einen möglichen Einsatz als Scharfschützen vor, der jedoch nicht zustande kommt. Aufgrund des Anschlages lässt sich die Polizei in der Folgezeit in Hammelburg durch die Schießlehrer an Infrarot-Zielgeräten ausbilden".

    (Quelle: Chronik der Infanterieschule Hammelburg, Hammelburg 2006, Seite 99).

    Meine Frage: Hat man das damals in der BW irgendwie mit bekommen?
    Oder weiß jemand aus dem Forum hier eventuell was dazu?

    Grüße
    DE
  • virago2000
    Rekrut
    • 28.05.2014
    • 45

    #2
    hallo
    deine frage kann ich leider nicht beantworten
    Ich frage dich aber, wie das vorbereiten auf einen einsatz zu verstehen ist (mussten die zuerst noch ein schiesstraining für scharfschützen absolvieren?, wenn ja wäre ich sehr verblüfft darüber, dass man keine einsatzbereiten scharfschützen zur hand hatte)
    Zitat von DeltaEcho80 Beitrag anzeigen
    Die Schießlehrer der Schule bereiten sich auf einen möglichen Einsatz als Scharfschützen vor, der jedoch nicht zustande kommt. Aufgrund des Anschlages lässt sich die Polizei in der Folgezeit in Hammelburg durch die Schießlehrer an Infrarot-Zielgeräten ausbilden".
    DE
    gruss

    Kommentar

    • DeltaEcho80
      Cold Warrior
      • 09.03.2013
      • 1713

      #3
      Hallo Virago,

      mehr steht da leider auch nicht drin, deswegen frage ich ja hier.

      Wenn es heisst, "Einsatz als Scharfschützen", gehe ich davon aus, dass die schon die Ausbildung durchlaufen hatten.

      Der Anschlag in München war ja der Grund, warum dann der Bundestag überhaupt erst die Gründung der GSG 9 beschloss, da man eine derartige Truppe bis dato nicht zur Hand hatte.
      Denn wie das - sagen wir mal - suboptimale Verhalten der bayerischen Landespolizei damals aus ging, ist ja bekannt.

      Hier noch ein Link zu einer Doku auf youtube zu diesem Thema:



      Gruß
      DE

      Kommentar

      • Keilerdackel
        Cold Warrior
        • 06.10.2011
        • 117

        #4
        Den Scharfschützen den die modernen Armeen heute kennen gab es damals noch nicht. Die Bundeswehr verfügte damals max. über G3 ZF Schützen in den Jägerkompanien.

        In einer der zahlreichen Dokumentation wird z.B. berichtet das unter den Polizisten Jäger gesucht wurden denen man einen sicheren Umgang mit Langwaffen mit Zielfernrohr zusprach. Das diese Personen in keinster Weise dazu in der Lage waren als "Scharfschützen", in dieser absoluten Grenzsituation, eingesetzt zu werden versteht sich von selbst. Auf einen Menschen zu schießen, selbst wenn es sich um einen gewaltbereiten Terroristen handelt, ist für die meisten Personen ohne entsprechende Ausbildung und Vorauswahl eine Unmöglichkeit. In solchen Situationen wie auf dem Flughafen in Fürstenfeldbruck 1972 ging es nicht darum einen oder mehrere Schüsse abzugeben, sondern mit dem ersten Schuß zu treffen.

        Ich bezweifle das die Schießausbilder der damaligen BW dazu in der Lage gewesen wären. Das ein derartiger Einsatz, aus der Not und der Einmaligkeit der Situation heraus, ins Auge gefasst wurde ist allerdings auch zu verstehen.

        Kommentar

        • Nemere
          Cold Warrior
          • 12.06.2008
          • 2843

          #5
          Zitat von DeltaEcho80 Beitrag anzeigen
          Denn wie das - sagen wir mal - suboptimale Verhalten der bayerischen Landespolizei damals aus ging, ist ja bekannt.
          Der Begriff "suboptimal" stört mich ziemlich. Es gab damals in Deutschland innerhalb der Polizei niemanden, der auf solche Vorkommnisse vorbereitet gewesen wäre -es ist also unfair, jetzt die bayerische Polizei als den Versager hinzustellen.
          Die damaligen Polizeivorschriften sahen Anschläge dieser Art nicht im entferntesten vor. Es galt damals noch die "Vorschrift für den Polizeidienst Nr. 1", die sehr knapp gehalten war und kaum auf Einzelheiten solcher Lagen einging. Man operierte damals noch mit Begriffen wie dem
          "Grossen Sicherheits- und Ordnungsdienst (GSOD)", worunter man u.a. verstand:
          - die Betreuung von Veranstaltungen
          - den Einsatz bei Unruhen'
          Die Steigerung war dann der "Außergewöhnliche Sicherheits- und Ordnungsdienst" (ASOD), der den "Kampfeinsatz" der Polizei beinhaltete. Die Vorschriften über den ASOD lesen sich seitenweise wie Auszüge aus den entsprechenden Bundeswehrvorschriften über den Panzergren.Btl mot (HDv 211/1 Das PzGrenBtl mot von 1962). Da wurden noch Granatwerfer und Maschinengewehre zusammen mit Handgranaten und gepanzerten Sonderwagen als "rollende MG-Stellungen" eingesetzt. Alle diese Polizeivorschriften waren geprägt von den Polizeierfahrungen der Weimarer Republik mit den Strassenkämpfen gegen linke und rechte Gruppierungen. Vor allem die Bereitschaftspolizei, aber auch der BGS sahen sich eher als eine Art leichte Infanterie für bürgerkriegsähnliche Zustände. Dinge wie Geiselnahmen, von religiös geprägten Fanatikern ausgelöste Erpressungen des Staates und ähnliches war unvollstellbar. Diese Art der gewissermassen "asymetrischen" Kampfführung gegen die Polizei war etwas völlig neues.

          Ähnlich überrascht war man auch von der Entwicklung bei der "Roten Armee-Fraktion" worden, die man im Zusammenhang mit dem Münchner Anschlag nicht aus dem Auge verlieren sollte. Baader, Ensslin, Meinhof, Mahler und einige andere waren im Sommer 1970 in Jordanien ausgebildet worden. Inwieweit sie dort Kontakt mit den späteren Attentätern von München hatten ist immer noch ungeklärt, da Herr Mahler als einer der wenigen noch Lebenden dazu beharrlich schweigt - wohl aus gutem Grund. Nachdem es im Oktober 1970 gelungen war, einen Teil der RAF-Täter mit konventionellen Polizeimaßnahmen zu verhaften, sah man auch hier keine neue Gefährdung. Das Konzept "Stadtguerilla" vom April 1971, in dem u.a. ein bewaffneter Widerstand der RAF gegen Polizeimaßnahmen angekündigt war, haben wahrscheinlich damals die wenigsten Polizeiführer gelesen. Fast folgerichtig kam es dann 1971 / 1972 zur Eskalation mit der Tötung von RAF-Mitgliedern, Polizeibeamten und Unbeteiligten bei Fahndungsmaßnahmen und Sprengstoffanschlägen der RAF. Im Juni 1972 wurden dann Baader, Meinhof und weitere verhaftet und man glaubte, das Problem gelöst zu haben. Irgend einen Zusammenhang zur Olympiade im Hinblick darauf, das die RAF-Problematik neue Aktionsformen von gewaltbereiten Straftätern aufgezeigt hatte, erkannte man nicht.
          Ulrike Meinhof hat dann im November 1972 mit ihrer Schrift " Die Aktion des Schwarzen September in München – Zur Strategie des antiimperialistischen Kampfes" die Anschläge in München als gerechtfertigt bezeichnet. Auch übernimmt sie den Gedanken, verhaftete Genossen durch Terrorakte freizupressen. Die palästinensischen Terroristen hatten in München die Entlassung in Israel inhaftierter Komplizen gefordert. Hier haben wir die direkte Verbindung zu den Aktionen der RAF 1975 und 1977 (Lorenz-Entführung, Geiselnahme von Stockholm, Schleyer-Entführung, Entführung der Landshut usw.).

          Kommentar

          • jason.76
            Cold Warrior
            • 22.01.2012
            • 133

            #6
            Ich hab mich auch schon mal für das Thema interessiert.Alles was ich erfahren konnte, das man damals überhaupt keine Spezialkräfte für sowas hatte.Von der dazugehörigen Ausrüstung ganz zu schweigen.Die Beamten, die damals zum Schuss gekommen waren, waren zwar ausgebildet, aber keine Spezialkräfte.Und die Gewehre, das G3 war für sowas nicht geeignet, bzw hatte man die Teile wie ein Zielfernrohr nicht zur Verfügung.Und Bundewehr Kräfte einzusetzen ging ja auch nicht, da man diese nur für die Landesverteidigung einsetzen durfte.Evtl. hatte auch der Alliierte Kontrollrat was dagegen, Spezialkräfte dieser Art aufzubauen, das enzieht sich aber meiner Kenntniss.Man wurde von den Anschlag einfach Eiskalt erwischt,erst nach den Attentat 1972 begann man mit den Aufbau der berühmten GSG 9 Truppe.

            Kommentar

            • DeltaEcho80
              Cold Warrior
              • 09.03.2013
              • 1713

              #7
              Zitat von Nemere Beitrag anzeigen
              Der Begriff "suboptimal" stört mich ziemlich. Es gab damals in Deutschland innerhalb der Polizei niemanden, der auf solche Vorkommnisse vorbereitet gewesen wäre -es ist also unfair, jetzt die bayerische Polizei als den Versager hinzustellen.
              Es war auch in keinster Weise meine Absicht, die bayerisches Polizei als Versager darzustellen. Habe mich vielleicht auch falsch ausgedrückt.

              Es war eine mehr als undurchsichtige Gemengelage, die da zu bewältigen war. Wegener sprach ja in dieser Doku davon, dass er "entsetzt" über das Vorgehen der eingesetzten Kräfte war.
              Aber das war ja der von nemere geschilderten Tatsache geschuldet, dass man auf eine solche Lage in keinster Weise eingestellt bzw. vorbereitet war.

              Aufgrund der hier bereits geschilderten Sachverhalte (Ausrüstung der Schützen, Ausbildung, Bewaffnung, Rechtliche Aspekte "Einsatz der BW im Inneren") kann ich mir eben nicht vorstellen, dass ein derartiger Einsatz hätte realiter erfolgen können.
              Und deshalb wollte ich mal hier die Meinungen hören bzw. fragen, ob das jemand damals mitbekommen hat.

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              • Nemere
                Cold Warrior
                • 12.06.2008
                • 2843

                #8
                Zitat von jason.76 Beitrag anzeigen
                Evtl. hatte auch der Alliierte Kontrollrat was dagegen, Spezialkräfte dieser Art aufzubauen...
                Warum sollte er etwas dagegen haben? Außerdem gab es den Allierten Kontrollrat faktisch seit 20.03.1948 nicht mehr, da seit diesem Datum die Sowjetunion eine weitere Teilnahme an den Sitzungen abgelehnt hatte. Mit dem Inkrafttreten des Deutschlandvertrages am 05.05.1955 ging außerdem das Recht, Kontrollratsgesetze aufzuheben, auf die Bundesrepublik Deutschland über - seit diesem Tag war der Kontrollrat "tot". Allierte Sonderrechte im damaligen (West-) Berlin sind ein anderes Kapitel, die aber nichts mit dem Kontrollrat zu tun haben.

                Und die Gewehre, das G3 war für sowas nicht geeignet, bzw hatte man die Teile wie ein Zielfernrohr nicht zur Verfügung.
                Natürlich gab es für das G 3 damals schon Zielfernrohre bei der Bundeswehr, genauso wie IR-Zielfernrohre und Nachtsichtgeräte vorhanden waren. Ganz abgesehen davon, waren aber(Bereitschafts-) Polizei und BGS 1972 mit dem G 1 (FN) ausgerüstet, das von seiner technischen Konzeption her (grössere Lauflänge als das G 3 und Gasdrucklader) bei gleichen Bedingungen etwas präziser als das G 3 schoss.

                Und Bundewehr Kräfte einzusetzen ging ja auch nicht, da man diese nur für die Landesverteidigung einsetzen durfte.
                Sagen wir, es hätte einer geschickten verfassungsrechtlicher Auslegung bedurft, wäre aber 1972 nicht unmöglich gewesen und hätte sicherlich weniger Probleme bereitet als in der allgemeinen Protestkultur der 1980er und 1990er Jahre. Der Weg hätte über Art. 87 a Abs. 4 in Verbindung mit Art. 91 Abs. 2 des Grundgesetzes führen können (Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer, Polizeikräfte dazu nicht in der Lage usw.).
                Man hatte in den 1960er und 1970er Jahren erheblich weniger Skrupel, die Befugnisse der Streitkräfte auch im Inneren bei besonderen Lagen sehr weit auszulegen, wie die gesamte Diskussion um die Notstandsgesetzgebung ab etwa 1965 oder der Einsatz der Bundeswehr bei der Hamburger Flut 1962, der ohne jede Rechtsgrundlage erfolgte, bewies.

                Wie richtig erkannt ist, blieb aber das Grundproblem, das man auf einander eingespielte Sondereinheiten zur Bewältigung solcher Lagen nicht innerhalb weniger Stunden durch Einfangen irgendwelcher Personen, die vielleicht ganz gut schießen können, aufstellen kann. Auch die ganze Problematik der Verhandlungsführung mit terroristischen Geiselnehmern durch Polizeipsychologen usw. steckte damals noch völlig in den Kinderschuhen, obwohl es beim Polizeipräsidium München 1972 in Auswertung der Schwabinger Krawalle aus den 1960er Jahren damals durchaus schon vielversprechende Ansätze gab.

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