Ilbenstadt (pm). Die Tarnung hätte wohl funktioniert: Von der Straße nach Kaichen aus fällt der Bunkereingang neben einem Mobilfunkmast und diversen Gerätschaften und Materialien des Bauhofs in einem kleinen umzäunten Raum gar nicht auf. Schwere, durch ein Schleusensystem verbundene Stahltüren führen in das düstere innere des dreistöckigen und zwölf Meter tiefen Bunkers. Er ist lebendiges Zeichen dafür, wie real die Gefahr eines Atomkriegs von den damaligen Zeit empfunden wurde. Das lässt sich schon an den technischen Details des unterirdischen Betonklotzes feststellen: Die Zwischendecken sind aufgehängt und können frei schwingen - damit das Gebäude in der Lage war, eine Atombombenexplosion in 2,8 Kilometer zu überstehen. Gedacht war er als einer von mehreren Bunkern, von denen im Falle eines Atomkriegs der Katastrophenschutz organisiert werden sollte - der Ilbenstädter ist der einzige, der dann tatsächlich gebaut wurde. Das Gebäude wurde 1965 - 67 gebaut und kostete zwei Millionen Mark - viel Geld in den 60er Jahren. Hundert Menschen sollten im Bunker maximal 40 Tage lang von der Außenwelt abgeschnitten überleben können.
In der Führung am Freitag können FR-Leser einen Einblick in die möglichen Lebensbedingungen dieser Menschen nehmen, die zum Glück nie in Anspruch genommen werden mussten. Der Bunker war bezugsfertig eingerichtet. Doch Übungen gab es hier überhaupt nicht. "Der Bunker wurde lediglich ein bis zweimal im Jahr gewartet, ab Mitte der 80er wurde er vermutlich überhaupt nicht mehr besucht," sagt Harald Fäth vom Verein "Entwicklungsgesellschaft Fulda-Gap", die das massive Gebäude gepachtet, restauriert und der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht hat. Durch den Notausgang seien allerdings mehrfach Einbrecher eingedrungen, beim ersten Mal Anfang der 80er Jahre sollen es laut Fäth Sympathisanten der RAF gewesen sein. Sie hinterließen Graffitis; doch trotz dieser und anderer Zerstörungen ist es ein echter Glücksfall, dass das Interieur des Bunkers weitgehend im Original erhalten geblieben ist. Es sind unter anderem zu sehen die Betten mit noch eingeschweißten Matratzen. - aufgrund des beengten Raums gab es Stockbetten nur für ein Drittel der Besatzung Platz; geschlafen wurde in Dreierschichten. Oder die umfangreichen Installationen zur Belüftung, Kühlung und Heizung des Gebäudes sowie die Tiefwasserpumpe, die in der Lage sein sollte, unverseuchtes Wasser aus 60 Metern Tiefe nach oben zu pumpen; oder die originale Fernschreiberanlage. Ergänzt werden die Original-Exponate durch die noch im Aufbau befindlichen Ausstellungen des Vereins. Es soll dabei aufgezeigt werden, dass die Menschen unweit der Grenze - dazu zählt auch das Gebiet der Wetterau - im Grunde auf einem Pulverfass lebten. Karten mit blinkenden Elektrolichtern zeigen an, wo sich die Atomwaffendepots befanden, oder die vielen Straßenstücke, in denen im Ernstfall Minen zur Sprengung der Abschnitte in Sprengschächten untergebracht worden wären. Fäth ist überzeugt, dass das gesamte Rhein-Main-Gebiet bis zur Grenze der DDR im Ernstfall "ein qualmendes Loch" geworden wäre. Den damaligen Ordern nach, so Fäth, hätte die NATO bereits einen atomaren Gegenschlag angeordnet, wenn die sowjetischen Truppen die Grenze in 35 Kilometer Entfernung durchbrochen hätten - eine geringe Strecke angesichts der Überlegenheit der Sowjets bei den konventionellen Truppen.
Die für die Aktion ermäßigte Führung koste 7,50 Euro. Treffpunkt ist vor dem umzäunten Bunkergelände, dass direkt neben der Straße nach Kaichen vor der Kreuzung nach Erbstadt liegt. Mangels Parkmöglichkeiten wird sehr empfohlen, Autos am Ortsausgang von Ilbenstadt abzustellen und die etwa 400 Meter zum Bunker zu laufen.
20 Leser, die an der Führung teilnehmen wollen, werden um eine kurze Anmeldung bei der FR-Redaktion Wetterau - Main-Kinzig, Parkstraße 1, 6118 Bad Vilbel, 06101/52940, E-Mail vilbel@fr-online.de, weiterzuleiten.
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