Militärhistorische Untersuchungen

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  • tannenzapfen
    Cold Warrior
    • 25.01.2022
    • 436

    #1

    Militärhistorische Untersuchungen

    Von der UniBW München gibt es seit einigen Jahren die lose Reihe "Militärhistorische Untersuchungen". Wie der Name schon sagt, widmen sich die Bücher verschiedenen Aspekten der Militärgeschichte. Für das Forum hier scheinen insbesondere die Bände 13 und vielleicht 15 interessant, daneben werden aber auch anderne Themen beleuchtet. Ein Band widmet sich beispielsweise den Feldpostbriefen eines Soldaten des 1866er-Krieges, ein anderer der königlich-bayerischen Gewehrfabrik in Amberg, und der jüngste Band hat die Schlacht von Gettysburg zum Thema.

  • tannenzapfen
    Cold Warrior
    • 25.01.2022
    • 436

    #2
    Der jüngste Band der Serie war am Wochenende Teil eines längeren Artikels in der Welt:
    Anfang Juli 1863 besiegten die US-Truppen bei Gettysburg die Konföderation in der größten Schlacht des Amerikanischen Bürgerkrieges. Der Name der Stadt wurde im Norden wie im Süden zum strahlenden Mythos. Versuch einer Dekonstruktion.

    Kommentar

    • Nemere
      Cold Warrior
      • 12.06.2008
      • 2823

      #3
      Sehr interessanter Beitrag, der auch zumindest ansatzweise auf das neue Kriegsbild eingeht, das sich im Sezessionskrieg entwickelte.

      Der Bürgerkrieg in den USA von 1861 – 1865 ist damals von den europäischen Regierungen und ihren Generalstäben allenfalls in taktischer, aber überhaupt nicht hinsichtlich der stattgefundenen strategischen Entwicklung eines neuen Kriegsbild analysiert worden.
      Es gab zwar in den ersten Jahren zahlreiche europäische Offiziere als Beobachter, die aber fast alle schon 1863 die USA wieder verließen. Der Krieg entsprach nicht ihren Vorstellungen, weil sie sahen, wie schwer sich die amerikanischen „Amateur“-Generäle mit der Führung ihrer zusammengewürfelten Großverbände taten, die eher den Charakter von Miliz-Armeen hatten.
      Die militärisch-strategisch wichtigsten Erkenntnisse dieses Krieges ergaben sich aber erst in den letzten Kriegsjahren. Aus ihnen hätten wichtige Schlüsse für das Kriegsbild des Ersten Weltkriegs gezogen werden können.
      Der ab 1862 von den Nordstaaten vor allem auf Drängen Grants proklamierte Abnutzungskrieg mit der See-Blockade der Südstaaten von Hilfslieferungen aus England und Frankreich sowie der Kontrolle des Mississippi und damit dem Abschneiden des konföderierten Heeres von seiner Verpflegungsbasis war eine Neuerung im Kriegswesen und hätte vor allem die deutsche Führung des Ersten und Zweiten Weltkriegs warnen sollen. Grant hatte eine Art der Kriegführung gefunden, bei der mit einem taktisch (und vielleicht auch hinsichtlich der Kampfmoral) unterlegenen Heer bei gleichzeitig zahlenmäßiger, technischer und industrieller Überlegenheit der Feind geschlagen werden konnte. In einem konventionellen Krieg konnte seitdem auch beste Heer einen technisch und industriell überlegenen Feind, der nach den Grundsätzen des Abnutzungskrieges kämpft, nicht mehr schlagen. Allerdings muss dieser Krieg bis zur totalen Erschöpfung des Feindes fortgeführt werden.
      Diese neue Art der Strategie prägte das Bild beider Weltkrieg, gerade an Deutschland ist aber diese Schlussfolgerung vorbeigegangen. Kriege dieser Art lassen sich nicht mehr allein durch Vernichtungssiege auf dem Gefechtsfeld erringen, auch wenn die Armeen vorzüglich ausgebildet und geführt sind.

      Kommentar

      • tannenzapfen
        Cold Warrior
        • 25.01.2022
        • 436

        #4
        Wobei die Idee der Blockade und der Kontrolle des Mississippi auf Winfield Scott zurückging, der bis November 1861 noch Oberkommandeur des US-Heeres war. Scott war selbst Virginier und hoffte, den Süden dadurch ohne größere Zerstörungen (aber durchaus in einem langen Krieg) zurück in die Union zu führen.

        Ironischerweise war - zumindest auf taktischer Ebene- Grants Abnützungsansatz auch eher ein Kind des Zufalls beziehungsweise des Gegners. Grants Intention war, wie James McPherson in seinem Buch "Für die Freiheit sterben" schreibt, Lees Armee im offenen Feld zu stellen und dort dank seiner zahlenmäßigen Überlegenheit zu schlagen. Mit diesem Ziel manövrierte er immer wieder um Lees rechte Flanke herum, um eine neue günstige Gelegenheit für eine offene Feldschlacht zu finden. Lees Truppen waren aber immer schneller, gruben sich an den gefährdeten Stellen ein und machten den Krieg so zum Abnützungskrieg. Und dieser zeigte auch schön die Gefahren eines solchen Ansatzes, denn er bedingt den Willen der Bevölkerung, solche Verluste auf lange Zeit zu ertragen, und das war im Sommer 1864 im Norden durchaus nicht klar, es standen ja Wahlen an.

        Was die Wahl (und damit den Krieg) schließlich für den Norden entschied, waren jedoch die Siege Shermans in Georgia, insbesondere die Eroberung Atlantas. Diese waren allerdings auch teilweise Grants Strategie zu verdanken. Vor ihm hatten die Kriegsanstrengungen des Nordens oft an mangelnder Abstimmung gekrankt- wenn die eine Armee vorrückte, tat es die andere nicht, sodass die Konföderierten Truppen hin und her schieben konnten. Grant orchestrietrte zwei gleichzeitige Hauptstöße (Sherman in Georgia und sein eigener in Virginia), unterstützt von mehreren ebenso gleichzeitigen Nebenstößen. Außerdem war er entschlossen, Lee die Initiative in Virginia nicht mehr abzugeben- deswegen zog er sich nach Rückschlägen nicht zurück, sondern versuchte es woanders erneut. Dies und Shermans gleichzeitiges Vordringen machten es den Konföderierten unmöglich, durch Schwerpunktbildung an einem Ort die Initiative erringen zu können, ohne andernorten zurückgeschlagen zu werden. Damit kam die zahlenmäßige Überlegenheit des Nordens erst richtig zur Geltung.

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