Liederbuch der 1. Luftlandedivison Bundeswehr

Einklappen
X
 
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge
  • Nemere
    Cold Warrior
    • 12.06.2008
    • 2823

    #1

    Liederbuch der 1. Luftlandedivison Bundeswehr

    Mir ist ein offizielles Liederbuch der 1. Luftlandedivision in die Hände gekommen, es stammt nach meiner Einschätzung aus den Jahren zwischen 1975 und 1985.
    Diese Sammlung würde heute wahrscheinlich einen Aufschrei des allgemeinen Entsetzens über den hier zu Tage tretenden Nationalismus, Chauvinismus und vor allem die neonazistischen Anklänge auslösen.

    Beispiele:
    Da steht doch auf Seite 3 tatsächlich das Deutschlandlied mit allen drei Strophen, auch mit der verfemten Ersten „Von der Maas bis an die Memel, von der Etsch bis an den Belt“.
    Auch das „Kreta-Lied“ darf nicht fehlen (S. 6) und die heute wohl als zutiefst revanistisches Gedankengut schlesischer Heimatvertriebener angeprangerten „Hohen Tannen“ (S. 21) beschließen das Ganze.
    Undenkbar das heute eine offizielle Bundeswehrdienststelle so etwas herausgibt, nachdem man das offizielle Bundeswehr-Liederbuch wirklich von allen auch nur im geringsten verdächtigen Texten gesäubert hat.

    Um nicht mißverstanden zu werden: Ich identifiziere mich nicht mit diesen Liedtexten, ich finde die Mehrzahl davon zumindest unpassend.
    Aber trotzdem auch ein Dokument der Zeitgeschichte und des „inneren Gefüges“ in der Bundeswehr.
    Angehängte Dateien
  • DeltaEcho80
    Cold Warrior
    • 09.03.2013
    • 1703

    #2
    Ich beschäftige mich gerade wieder mal mit der Chronik meines "Haufens", dem PzGrenBtl 352 in Mellrichstadt. Da wird auch von einem Familien-Wochenende der Offiziere des Bataillons im Sommer 1986 in Lambach in Österreich berichtet. An den Abenden hat man das Liederbuch des Bataillons "komplett durchgesungen und dabei überarbeitet". Leider ist in der Chronik nur das Titelbild abgebildet. Aber ich denke, dass das auch ein wenig in Richtung der genannten "Klassiker" geht...

    In meinen Augen ist doch gerade dieses "Säubern" das Problem. Man fordert immer einen differenzierten Umgang gerade mit der deutschen Geschichte und z.B. der Nationalhymne und ihrer drei Strophen. Wenn man aber der Gesellschaft und insbesondere der Jugend diese Texte und ihre Entstehungsgeschichte und ihren Zusammenhang krampfhaft verschweigt, wird man nie damit umgehen können.

    Ich hatte am Gymnasium den Leistungskurs Geschichte. Hier hatten wir einen Lehrer, der uns ganz ohne jegliche Polemik oder Scheu diesen Text auf den Tisch gelegt hat und uns dann hat diskutieren lassen. Er hat dann die Diskussion ganz sachlich eingefangen, den Zusammenhang erklärt und seit dieser Unterrichtsstunde kann ich mit diesem Lied und seinen Strophen "umgehen".

    Später kam ein Erlebnis der besonderen Art dazu: Wir waren mit unserer Musikkapelle Mitte der 2000er Jahre bei unserem Partnerverein in Mittelfranken eingeladen, um dort bei einem Jubiläumsfest der örtlichen Soldatenkameradschaft zu spielen. Als wir dann am Ende des offiziellen Teils die Nationalhymne gespielt haben, hat ein Großteil des im Zelt versammelten Publikums knallhart die 1. Strophe gesungen... Tja, Leute, nix begriffen. Das war für unsere jungen Musiker damals ein einschneidendes Erlebnis. Wir haben die halbe Nacht bei der Heimfahrt da drüber diskutiert. Da wurde mir bewusst, dass kaum noch einer den historischen Kontext dieses Liedes kannte.

    Kommentar

    • Malefiz
      Cold Warrior
      • 22.12.2010
      • 373

      #3
      Guter Punkt. Hoffmann von Fallersleben war schon eine kernige Type. Auch seine "Unpolitischen Lieder" sind zum Teil recht blutrünstig. Dazu gehörte auch Turnvater Jahn mit seiner "Wehrsportgruppe" und die Schrebergärten als diätetisch-orthopädische Konzept zur Erzielung von Gesundheit durch „körperliche Ertüchtigung“. Oder die studentischen Verbindungen - damals revolutionär und im Widerstand - heute reaktionär und nur aus der Zeit zu verstehen. Jahn würde sich durch die heutige Turnbewegung vermutlich missverstanden fühlen.
      Wir räumen ja auch unsere Denkmäler ab. In Frankreich findet man noch Denkmäler aus lange vergangenen Epochen. Von ihnen kann man viel über die Zeit lernen.
      Und keiner der Franzosen würde sich als Royalist fühlen weil er die Denkmäler stehen lässt. Die Marsellaise ist auch nicht politisch korrekt.
      Die besagte Strophe des Deutschlandliedes ist ja nur "interessant" weil da geographische Angaben gemacht werden. Und dazu in der Zeit war das reines Wunschdenken eines Exilanten im englischen Helgoland. Deutschland war ja noch gar definiert, ob mit oder ohne Österreich.

      Kommentar

      Lädt...
      X