MAO Projekt

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  • palatinat
    Systemadministrator
    • 02.01.2008
    • 881

    #1

    MAO Projekt

    Hallo zusammen,

    hier (https://www.mao-projekt.de/Inhalt/SRK.php) gibt es einige Geschichten aus der Zeit des kalten Kriegs zu entdecken.

    Gruß aus der Pfalz
  • Nemere
    Cold Warrior
    • 12.06.2008
    • 2843

    #2
    Ich hatte beim Stöbern in diesen Seiten einige Deja-Vu-Erlebnisse, da wir als Feldjäger in den 1970er und 1980er Jahren doch des öfteren mit diesen "antifaschistischen Gruppen", "Soldatenkollektiven" und "K-Gruppen" zu tun hatten. Bei vielen öffentlichen Veranstaltungen der Bundeswehr (Gelöbnisse, Großer Zapfenstreich, Ausstellung Unser Heer usw.) kam es regelmäßig zu Störungen durch diese Grüppchen.

    Einige Erlebnisse dazu:

    1. Feierliches Gelöbnis in Rosenheim, 1983. Eine kleine Gruppe von Friedensbewegten, die sich auf den Weg der anmarschierenden Truppe setzen wollte, wurde sofort von der Polizei entfernt und erhielt Platzverweise, die auch durchgesetzt wurden. Bei der Ansprache des Bürgermeisters setzte dann ein vielfaches Pfeifen ein, es war aber kein Mensch zu entdecken, der gepfiffen hat. Des Rätsel Lösung: Die Demonstranten hatten in den Abfallkörben am Marktplatz sog. „Pfeiftongeber“ versteckt, die nach Aktivierung einige Minuten ein durchdringendes Pfeifen ertönen ließen. Die Dinger ließen sich aber nicht abschalten. Zur Deaktivierung haben wir sie dann in einem Brunnen am Rande des Platzes versenkt, im Wasser gaben sie sofort den Geist auf und es war Ruhe.
    Hinterher war natürlich wieder eine Feldjäger-Sofortmeldung und eine Meldung zur Regionalen Sicherheitslage fällig, Stichwort „Neue Aktionsformen“.

    2. München, zur Zeit des NATO-Doppelbeschlusses, Ostersonntag 1984. Soldaten ist die Teilnahme an politischen Demonstrationen in Uniform verboten, trotzdem kam das gerade in den 1980er Jahren immer wieder vor. Die Feldjäger hatten den Auftrag, solche Vorfälle festzustellen und nach Möglichkeit die Täter zu ermitteln. Ein direktes Ergreifen der Übeltäter war meistens nicht möglich, da diese sehr dicht von Sympathisanten abgeschirmt waren und ein Zugriff nur mit massiver Gewalt möglich gewesen wäre – mit allen rechtlichen Fragwürdigkeiten, die das mit sich gebracht hätte.
    Solche Einsätze erfolgten logischerweise in Zivil. Wir hatten dafür sogar eine wirklich hervorragende Kameraausstattung für Dokumentationszwecke bekommen: Eine CONTAX RTS mit einem ZEISS Teleobjektiv 180mm mit der Lichtstärke 2,8. Wer noch mit analogen Kameras fotografiert hat, kann ungefähr einschätzen, dass dieses Objektiv wirklich eine technische Spitzenleistung war.
    1984 fand die Endkundgebung des Ostermarsches in München im Olympiapark statt. Ich war zur Dokumentation eingeteilt und hatte mir einen guten erhöhten Standplatz ausgesucht. Da läuft mir ein Soldat im Feldanzug vor die Linse, Waffenfarbe goldgelb, schwarzes Barett mit PzAufkl-Abzeichen, keine Dienstgradabzeichen, kein Namensschild. Nun lagen damals in Bayern vier PzAufklBtl (4, 8, 10, 12) und 12 Brigade-Panzerspähzüge. Es wäre also fast die Suche nach der Nadel im Heuhaufen gewesen.
    Allerdings hatte er vergessen, sein Verbandsabzeichen von der Brusttasche zu entfernen: Goldgelber Grund, darauf die gekreuzten Lanzen der Aufklärer, davor ein Wappenschild mit einem schwarzen Löwen. Mit ein bisschen heraldischen Kenntnissen war damit leicht der württembergische Löwe und damit das PzAufklBtl 10 in Ingolstadt herauszufinden.
    Ich habe dann sofort bei der Film-Bild-Ton-Stelle des WBK Bilder herstellen lassen und bin mit einer Feldjägerstreife (jetzt wieder in Uniform) abends nach Ingolstadt gefahren. Dort Meldung beim OvD, der hat gleich den Bataillonskommandeur und den S 1-Offz rebellisch gemacht. Der S 1 hat den Soldaten sofort als Angehörigen der 1. Kompanie identifiziert. Und tatsächlich traf der Panzerschütze gegen 23:00 Uhr in der Kompanie ein. Er war etwas irritiert, als er von mir begrüßt wurde und ich ihm sein Porträt vom Nachmittag unter die Nase hielt. Ganz verwirrt war er, als auch noch sein Kompaniechef und der Bataillonskommandeur auftauchten und ihn gleich zur Vernehmung baten.

    3. Karlstadt bei Würzburg, Mai 1986. Hier habe ich erlebt, das auch gewerkschaftliche Gruppen gegen die Bundeswehr vorgingen.
    Mein erster Tag als Einsatzoffizier beim Feldjägerdienstkommando Veitshöchheim. Ich melde mich morgens zum Dienst, der KpChef meinte so nebenbei: „Heute Abend ist ein feierliches Gelöbnis in Karlstadt. Das macht der Hauptfeldwebel W., wenn sie wollen, können Sie mitfahren, damit sie die Leute kennenlernen.“
    Also fahre ich um 19:00 Uhr mit 8 Mann nach Karlstadt. Die Polizei war mit 4 Beamten vertreten, es gab keine Anzeichen für Störungen. Während des Abschreitens der Ehrenformation taucht auf einmal eine Gruppe von etwa 10 Zivilisten auf, darunter auch zwei Frauen, und will zum Rednerpult laufen. Die Polizei hält die Gruppe auf. Eine der Frauen und ein Mann greifen einen der Polizeibeamten an, schlagen auf ihn ein und treten ihn. Notgedrungen mussten wir im Rahmen der Nothilfe eingreifen, wir haben die beiden Angreifer mit einfacher körperlicher Gewalt gestoppt, ich habe beiden die vorläufige Festnahme nach § 127 Abs. I StPO erklärt und wir haben sie zum Fahrzeug-Abstellplatz gebracht. Dort stellte sich heraus, dass die Gruppe von einem Ausbildungszentrum der Gewerkschaft in der Nähe von Karlstadt kam, sie nahmen dort an einem Seminar zum Thema „Politisches Wirksamwerden der Gewerkschaften“ teil und wollten anscheinend ihre neu erworbenen Kenntnisse gleich in die Praxis umsetzen.
    An den Fahrzeugen gab es dann endlose Diskussionen mit den Festgenommenen, das wir als Feldjäger doch überhaupt keine Zivilisten festnehmen dürften, was natürlich rechtlich bei der hier gegebenen Situation unsinnig war. Die ganze Gruppe wurde schließlich von der inzwischen eingetroffenen Verstärkung der Polizei zur Polizeidienststelle gebracht und entsprechende Strafverfahren eingeleitet. Einige Monate später war ich dann als Zeuge zur Gerichtsverhandlung geladen. Die gesamte Gruppe wurde wegen Landfriedensbruch und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu Bewährungsstrafen verurteilt, die beiden Angreifer des Polizisten zusätzlich noch wegen gefährlicher Körperverletzung. Der Richter stellte in seiner Urteilsbegründung noch einmal klar heraus, das auch die Widerstandshandlungen gegen die Feldjäger als Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte zu verurteilen war.


    Allerdings war in Bayern schon damals die Welt noch in Ordnung. Größere Aufmerksamkeit bekamen diese Polit-Spinner allenfalls in München und Nürnberg. Wenn es auf dem Land zu Aktionen gegen die Bundeswehr kam, wurde das meistens von der örtlichen Freiwilligen Feuerwehr oder dem Reservistenverband in Zusammenarbeit mit den Soldaten- und Veteranenvereinen erledigt, bevor wir oder die Polizei überhaupt eingreifen konnten. Ich habe es mehr als einmal erlebt, dass wir dann die Demonstranten vor dem Volkszorn schützen mussten. Bei dem Vorfall in Rosenheim waren es die Gebirgsschützenkompanien, die am liebsten die Demonstranten gelyncht hätten. In Karlstadt waren es die Veteranen der Sturmgeschütztruppe der Wehrmacht, die in Karlstadt ihren Ehrenstein hatten und natürlich bei solchen Veranstaltungen auch dabei waren.

    Grüße
    Jörg

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