Verteidigungsplanung der NATO

[Dragoner]

Was der Bundeswehr fehlte, waren Kampftruppen als operativ frei verfügbare Einheiten. Bei der Aufstellung der Bundeswehr waren zwar starke "Heerestruppen" vorgesehen, die organisch weder den Korps noch den Divisionen zugeteilt waren.

Zwei Anmerkungen bzw. Nachfragen dazu: Erstens, muss die Struktur der Bundeswehr nicht im Gesamtdispositiv der NATO gesehen werden? Insbesondere die US Army hatte in ihren Reforger-Kontingenten mehrere Divisionen und selbständige Brigaden als strategische Reserve verfügbar. Zweitens, kann die Aufstellung der Verfügungstruppenkommandos (GerEinh) ein - wohl eher unbeholfener - Versuch gewesen sein, Reserveverbände zu schaffen?

[Nemere]

Erstens, muss die Struktur der Bundeswehr nicht im Gesamtdispositiv der NATO gesehen werden? Insbesondere die US Army hatte in ihren Reforger-Kontingenten mehrere Divisionen und selbständige Brigaden als strategische Reserve verfügbar.

Das waren aber meines Wissens nach keine Truppen, über die ein deutsches Korps ohne weiteres verfügen konnte, sondern waren Reserven von CENTAG oder NORTHAG. Gleiches galt auch für französische Großverbände, die in den Befehlen des II. (GE) Korps auch immer als CENTAG-Reserve erscheinen.

Zweitens, kann die Aufstellung der Verfügungstruppenkommandos (GerEinh) ein - wohl eher unbeholfener - Versuch gewesen sein, Reserveverbände zu schaffen?

Das Verfügungstruppenkommando war ein -erheblich - gekürzter Divisionsstab, der aber organisch keine Truppen hatte. Diese hätte man ihm erst zuteilen müssen. Und schon stellte sich wieder die Frage: Woher nehmen?
- Infanterie und evtl. auch einiges an Panzern hätte man bei den Heimatschutzbrigaden und Heimatschutzregimentern auftreiben können (obwohl die eigentlich auch bereits durch andere Aufträge gebunden waren).
- Bei den Pionieren wären vielleicht etwas vom Pionierkommando des Korps möglich gewesen.
- Panzerjägerkompanien: Fehlanzeige
- Panzeraufklärer: Fehlanzeige
- Flugabwehr: Fehlanzeige
- Artillerie (ausser den ArtBtl der HSchBrig): Fehlanzeige
- ABC-Abwehrkompanie und Heeresflieger: Fehlanzeige
- Fernmeldekräfte (für ein DivFmBtl): kaum etwas verfügbar und wenn, dann kaum entsprechend ausgestattet.
- Logistiktruppen: kaum verfügbar

Außerdem sind wir dann schon wieder bei den Aufgaben für eine solche Reserve. Es wäre beim Einsatz in der mehr oder weniger stationären Verteidigung geblieben. Ein Gegenangriff gegen Teile einer tief in den eigenen Verteidigungsraum eingebrochenen sowjetischen Panzerdivision wäre z.B. mit einem dem Verfügungstruppenkommando zugeteilten Heimatschutzregiment nicht möglich gewesen.

Solche Ansätze für Reservedivisionen gab es bereits in der Heeresstruktur 3. Die damaligen Heimatschutzkommandos - HSchKdo (1 x pro WBK) waren eindeutig als Kader für Reservedivisionen vorgesehen. Sie schlossen bereits in der Nummernfolge an die 12 vorhandenen Heeresdivisionen an, es gab die HSchKdos 13 bis 18. Die Jägerregimenter der HSchKdos waren Kader für Reservebrigaden, auch sie schlossen mit Nummern ab 37 an die vorhandenen 36 Feldheerbrigaden an. Dabei war die geplante Gliederung der HSchKdos für den Ausbau zur Division besser geeignet, als das, was nach 1980 beim Verfügungstruppenkommando vorhanden war. Pro HSchKdo sollte es ein Pionierbataillon und ein Versorgungsbataillon geben, dazu eine ABC-Abwehrkompanie. Was aaber auch vollkommen fehlte, war Artillerie und Flugabwehr.

[Nemere]

Folgende Digitalisate liegen unter dem Territorialkommando Schleswig-Holstein vor:

BH 27/1079
BH 27/1080
BH 27/1081
BH 27/1082
BH 27/1083
BH 27/1084

Schleswig-Holstein ist nicht gerade mein bevorzugtes Interessengebiet. Ich habe mir trotzdem einige der genannten Archivalien angeschaut und kann diese jedem, der sich mit dem nördlichsten Bundesland und der dortigen GDP-Planung befasst, nur empfehlen.
Es werden teilweise die Planungen des TerrKdo S-H sowohl für 1979 (Heeresstruktur 3) wie auch für 1983 (Heeresstruktur 4) gezeigt.

Unter BH_27_1080_0001 findet man z.B. den Einsatz des damaligen Verfügungstruppenkommandos 600, der Rückschlüsse auf die damals geplante Küstensicherung zulässt (Thema hatten wir schon mal hier im Forum).
Das VfgTrKdo mit seinen damals unterstellten Teilen lag zwischen Schleswig und Eckernförde, der Raum ostwärts davon bis zur Küste wurde mit Spähtrupps auf Kfz überwacht. Gleichzeitig wurden FlaRakBatterien HAWK der Luftwaffe bis an die Küste der Eckernförder Bucht vorgezogen. Daraus schließe ich, dass das VfgTrKdo 600 für die Abwehr von Landungen in diesem Bereich verantwortlich gewesen wäre.

Unter BH_27_1081_0004 gibt es eine Karte mit der Einteilung der Kommandobereiche für Schleswig-Holstein/Hamburg und Dänemark. Im Süden ostwärts von Hamburg sind von West nach Ost eingesetzt:
- 6. PzGrenDiv nordostwärts der Elbe
- Jütland-Division (DK) in der Mitte
- HSchBrig 51 südostwärts von Kiel bis zur Lübecker Bucht, die linke Flanke der Brigade endet am Ufer der Kieler Bucht / Fehmarn. Die Brigade hat nirgends direkte Landberührung mit den angreifenden Truppen des WP, sondern hat immer die Ostsee vor sich! Daher dürfte die Brigade auch für die Küstensicherung zwischen Lübeck und Kiel verantwortlich gewesen sein.

Es war offenbar geplant, den gesamten Bereich von Hamburg bis zur Lübecker Bucht und der innerdeutschen Grenze zu evakuieren. Zumindest kann man das aus der Karte BH_27_1081_0011 entnehmen.

Ich füge die drei genannten Karten in etwas bearbeiteter und verkleinerter Form bei, da sie als Originale zu groß wären.

Auch die anderen im Beitrag von Rex Danny genannten Archivalien zu Schleswig-Holstein sind sehr aufschlußreich. So gibt es z.B. unter 27-1080-0003 den Sperrplan von 1979 für den Raum westlich Eckernförde. Wer sich berufen fühlt, kann ja mal überprüfen, ob die dort verzeichneten vorbereiteten Sperranlagen mit der DOSPA-Datenbank identisch sind. Karte ist ebenfalls verkleinert beigefügt.

[Duebbekold]

Verteidigungsplanung der NATO

Moin,

von Nord nach Süd stimmen in 27-1080-0003 P-RD 253, P-RD 203, P-RD 222 und P-RD 220 mit der DOSPA- Datenbank überein.
P= Permanent Road? F= Flexible Road?
Die ebenfalls vorhandenen Trichtersperren ( von Nord nach Süd ) RD 0227, RD 0228, RD 0206 und RD 0212 sind
aber nicht verzeichnet.
Könnten die mit F gekennzeichneten Sperren im Ernstfall nachträglich schnell und flexibel mit vorhandenem Material,
was immer auch greifbar gewesen wäre, an geeigneten Stellen angelegt worden sein?

Fragende Grüße

Duebbekold

[Nemere]

Könnten die mit F gekennzeichneten Sperren im Ernstfall nachträglich schnell und flexibel mit vorhandenem Material,
was immer auch greifbar gewesen wäre, an geeigneten Stellen angelegt worden sein?

Weiß ich leider nicht, dazu bräuchte man die entsprechenden Befehle aus dem Pionierbereich des TerrKdo S-H, die aber anscheinend noch nicht digitalisiert sind.

Bei den Korpspionierbataillonen 110, 210, 310 gab es einen "Bohrzug" mit Erdfbohrgeräten zur Sprengschachtfertigung. Ob beim TerrKdo S-H so etwas vorhanden war, entzieht sich meiner Kenntnis.

[Rex Danny]

Nachdem ich nun die Sperrpläne in den Digitalisaten der 6.Panzergrenadierdivision und des Territorialkommandos Schleswig-Holstein durchgearbeitet habe, kann ich insgesamt 36 neue Einträge in der Datenbank vermelden.

Es wurden 32 neue vorbereitete Sperranlagen sowie 4 bislang noch nicht erfasste Sperrmittellager hinzugefügt. Die 32 vorbereiteten Sperranlagen waren in der mir vorliegenden Liste, die Stand von ca. 1992 abbildet, nicht mehr enthalten. Es handelte sich hierbei überwiegend um Fähr- und Wasserstraßensperren sowie um Trichtersperren, die im Zuge von veränderten Straßenverläufen aufgelassen und andernorts neu errichtet wurden.

Desweiteren waren alle Fähren über den Nord-Ostsee-Kanal und die Schlei sowie die Schleusen Brunsbüttel und Holtenau und auch die Gieselauschleuse (Querverbindung zwischen Eider und Nord-Ostsee-Kanal) zur Zerstörung vorgesehen. Diese waren offenbar in den Verteidigungsplanungen Ende der 80er/ Anfang der 90er Jahre nicht mehr vorgesehen und voraussichtlich deshalb nicht mehr in der Liste enthalten. Auch waren noch Dreh- und Klappbrücken über die Eider und die Schlei mit Objekt-Nummern Ende der 70er Jahre versehen, in der Liste aber ebenfalls nicht mehr enthalten.

Die neuen Einträge in der Datenbank sind unter den Nr. 6990 bis 7025 mit vielen Zusatzinformationen zu finden und müssen allesamt noch bebildert werden. Wer also sich berufen fühlt, möge sich bei mir melden und kann dann die Sperren als KMZ erhalten, damit möglichst die exakte Stelle bei den nicht mehr vorhandenen Sperren aufgesucht und abgelichtet wird.

Grüße


Rex Danny

[Rex Danny]

Beim Durchstöbern des Invenio-/ BA-MA-Angebots sind mir viele Akten mit GDP-Plänen und darin enthaltenen Sperrplänen ins Auge gefallen, die aber nicht als Digitalisate online abrufbar sind.

Da über die Sperrpläne unsere Datenbank immer mehr erweitert und verfeinert werden kann, wären diese Sperrpläne natürlich sehr hilfreich.

Hat einer unserer User vielleicht GDP-Pläne mit enthaltenen Sperrplänen konventioneller Art aus dem BA-MA, die er mir zur Auswertung zur Verfügung stellen könnte?

Grüße


Rex Danny

[Rex Danny]

Da sich leider niemand zu meiner vorstehenden, sehr allgemein gehaltenen Frage geäußert hat, spezifiziere ich meine Frage.

In nachfolgenden, nicht als Digitalisat vorliegenden BA-MA-Akten sind Sperrpläne enthalten, die zur Erweiterung der Sperranlagendatenbank hilfreich wären:


BH 7-1/493 I.Korps 1974 u. a. Sperrplan 3.Panzerdivision


BH 7-2/445 II.Korps 1981 Sperrplan


BH 7-3/865 III.Korps 1985-1992 Sperrplanungen


BH 7-3/909 III.Korps 1989 Sperrpläne 2.Panzergrenadierdivision


BH 8-2/3887 2.JgDiv 1970-1979 GDP 1/77 Sperrplan der Division


BH 9-2/106 PzBrig 2 1977 u. a. Sperrplan


BH 9-18/67 PzBrig 18 1984-1987 u. a. Sperrplan


BH 9-20/34 PzBrig 20 1980-1984 u. a. Sperrplan Panzerpionierkp. 200


BH 9-24/84 PzBrig 24 1988 Sperrplanung


BH 9-26/439 LLBrig 26 1988 Sperrplan und Sperrübersichten


BH 10/840 PzArtBtl 155 1983-1988 Sperrplan Panzerbrigade 15


BH 14/978 PzPiKp 290 1989-1990 Sperrpläne 10.Panzerdivision


BH 14/2281 PzPiKp 290 1969-1990 Sperrplan 10.Panzerdivision


BH 27/578 TerrKdo SH 1978-1983 Sperrpläne


BH 33/33 HSchKdo 18 1976 Sperrplan Heimatschutzkommando 18


Ist einer unserer User im Besitz dieser Akten und kann sie mir zur Verfügung stellen oder kann mir jemand erklären, wie ich an diese Akten komme, ohne das ich aus dem hohen Norden nach Freiburg fahren muß?

Im Anhang befindet sich vorstehende Liste als besser zu lesendes Dokument.

Grüße


Rex Danny

[Keiler29]

NATO-Planungen fuer die Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland ( Buch 2.erweiterte Auflage)

Hallo zusammen,
zum Thema NATO-Verteidigungslanungen
ist kuerzlich im Miles-Verlag das bezeichnete Buch von Gerd Bolik in 2. erweiterter Auflage erschienen.
Ggf. ist zu gesuchten Sperrplänen in der neuen Ausgabe etwas dargestellt?

ISBN-13: 978-3-96776-063-7

https://miles-verlag.jimdofree.com/neuerscheinungen/

Beste Grüße
Keiler29

[Hoover]

Weiß schon jemand, worin die Änderungen bestehen?

[Keiler29]

Hallo zusammen,

bei Amazon gibt es zum bezeichneten Buch > NATO-Planungen...<, wichtig 2. Ausgabe vom 17. April 2023
eine Leseprobe mit Inhaltsverzeichnis und eine Erläuterung der eingearbeiteten Erweiterungen (Vorwort zur 2. Auflage).

Beste Grüße
Keiler29

[Nemere]

Neu aufgenommen wurden u.a kurze Kapitel über:
- stay behind
- Verstärkungen (REFORGER / WHNS-System)
- Artillerie der Bundeswehr 1984
- Heeresflieger Bundeswehr 1984

Erheblich ausgeweitet wurden die Darstellungen zu AFNORTH (also die Operationsführung in Schleswig-Holstein) von bisher 10 auf 29 Seiten sowie zu dem I. (NL) Korps (bisher 7, nun 15 Seiten).

Insgesamt umfasste der tatsächliche Text bisher 211 Seiten, nun sind es anscheinend 264.
Auch das etwas unpraktische Endnotensystem wurde auf lesefreundliche Fußnoten umgestellt.

Allerdings wird das Buch anscheinend jetzt nicht mehr fest gebunden, sondern als Taschenbuch hergestellt. Die Seitengröße (DIN A 4) ist gleich geblieben, der Preis ist mit 29,80 Euro fünf Euro billiger.

Wie sich aus dem Vorwort zu 2. Auflage ergibt, waren anscheinend bei der Überarbeitung Mitarbeiter des Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr beteiligt, was für die Grundkonzeption des Buches spricht. Soweit ich der bei Amazon einsehbaren Leseprobe entnehmen konnte, sind anscheinend trotz dieser fachkundiger Überprüfung meine Beiträge zur ersten Auflage des Buches wieder übernommen worden, es kann also nicht so ganz falsch gewesen sein, was ich da geliefert habe.

[Keiler29]

LLBrig 26

Ergaenzende Digitalisate liegen unter der Luftlandebrigade 26 vor:

BH 9-26/507
BH 9-26/508
BH 9-26/509

Beste Grüße
Keiler29

[TOEMAN]

Hallo,

es gibt ein neues sehr interessantes Digitalisat im Bundesarchiv (Invenio):

BW 18/869

Vielleicht ist es für den einen oder anderen von Interesse !?!

[TOEMAN]

Hallo,

hab mir die Karte auf Seite 96 (BW 18/869) mal etwas genauer angeschaut. Dort gibt es im Bereich CENTAG sehr viele Bereiche mit Tiernamen (z.B. Widder / Bär) und englischen Bezeichungen (z. B. Shark / Eagle). Denke das sind wahrscheinlich Verfügungsräume ? Hat jemand da evtl. genauere Informationen zu ?

Einige Bereiche lassen sich anhand des Dokumentes ja schon zuordnen:

CRAFTY FOX = III. US Korps
BISON = 1. ID (US)
FOX = 3. ID (US)

SETTER müsste der Raum für die 4. CMBG (CDN) gewesen sein.

Beste Grüße