HSchBrig 51 - Abwehr einer Seelandung an der Ostsee
Einklappen
X
-
Na gut aber wenn eine Seelandung auf dem Territorium Schleswig-Holstein so unwahrscheinlich war, warum wurde es dann z.B. bei BOLD GUARD geübt?
Es wurde ja häufig von der Möglichkeit eines "triphibischen Angriffs" zu Land, Luft und Wasser auf den "Flugzeugträger Schleswig-Holstein" gesprochen.
Man hätte die HSchBrig 51 ja auch in der Tiefe im Raum Plön - Neumünster für alle möglichen Eventualitäten bereithalten können.
Aber gut, es war nur eine Möglichkeit.
Vorbereitungen wie der Bau eines Atlantikwalls mit Widerstandsnestern, Hemmbalken, Hindernissen, etc. 1944 an der Normandie hatte es angesichts eines moderneren mobileren Weltkrieges natürlich nie gegeben.Zuletzt geändert von EmilBerggreen; 13.01.2023, 04:48.
Kommentar
-
Das sind in etwa die Feindlagebeurteilungen, von der auch die Bundesmarine ausging. In dem von mir genannten Buch wird auch recht ausführlich die Beurteilung Schwedens behandelt. Man befürchtete, das Schweden sehr schnell unter russischen Druck geraten könnte, weil die Seewege von Schweden durch russischen Seestreitkräfte kontrolliert werden könnten und damit auch ohne direkte militärische Aktion die Haltung Schwedens beeinflusst werden konnte. Man sah von Seiten der Marine z.B. die Gefahr, das sich russische Seestreitkräfte in den eigentlich neutralen schwedischen Küstengewässern durch das Kattegat bis zum Skagerrak bewegen könnten, ohne das - außer diplomatischen Protesten - von Seiten Schwedens dagegen viel unternommen worden wäre, weil dies natürlich von sowjetischer Seite niemals als Angriff auf Schweden deklariert worden wäre. Die NATO hätte dagegen den schwarzen Peter gehabt, wenn sie in diesem Fall die sowjetischen Schiffe in den schwedischen neutralen Gewässern angegriffen hätte. Das ist das Problem der "border crossing actions", das auch im Falle Österreichs bestanden hätte.Zitat von Dragoner Beitrag anzeigeninsbesondere auch die Karte der polnischen Invasionsplanung von 1954
Kommentar
-
Deswegen habe ich oben geschrieben, dass ich hinsichtlich der Bewertung von Seeanlandungen durchaus unterschiedliche Meinungen bei Heer und Marine sehe.Zitat von EmilBerggreen Beitrag anzeigenNa gut aber wenn eine Seelandung auf dem Territorium Schleswig-Holstein so unwahrscheinlich war, warum wurde es dann z.B. bei BOLD GUARD geübt?
Es gibt in den Akten des Militärischen Führungsrates eine Notiz vom Januar 1957, in der für den Bereich der Territorialen Verteidigung die Planung eines Küstenartillerieregiment mit einer Friedensstärke von 3.000 Mann erwähnt wird (BA-MA, BH 1/549) - sh. Anhang. Zu einer Aufstellung scheint es aber nicht gekommen zu sein. An weiteren Einheiten speziell für die Küstenverteidigung existierte nur einige Jahre das Küstengrenadierbataillon 720 (Geräteeinheit) in Emden. Für Schleswig-Holstein sind mir bisher keine derartigen Einheiten untergekommen.
Die Beteiligung der Marine bei der Abwehr der Landungsoperationen bei BOLD GUARD sehe ich nur sehr spärlich, die Landungsboote wurden kaum angegriffen, die notwendige unterstützende Flotte für die Anlandung fehlte eigentlich völlig.
Bei den vier durchgeführten BOLD GUARD Manövern waren folgende Landungsunternehmen Teil der Übung:
1974 bei DAMP – KAPPELN, 2 deutsche Bataillone. Hier wurde vor allem das damals noch ganz neue Heimatschutzkommando 13 zur Abwehr eingesetzt.
1978 im Südosten von FEHMARN, Abwehr durch zur Verstärkung auf FEHMARN anlandende US-Marineinfanterie
1982 keine „feindliche“ Anlandung, sondern Anlandung von US-Marineinfanterie zur Verstärkung der eigenen Kräfte bei Esbjerg an der Südwestküste Jütlands. Hatte also mit Schleswig-Holstein nichts zu tun.
1986 Anlandung von 4500 britischen und niederländischen Soldaten in der Eckernförder Bucht. In den vorangegangen drei Manövern waren immer höchstens zwei Bataillone angelandet worden, nur 1986 wurde annähernd die Stärke einer Brigade bei den Landungstruppen erreicht.
Ich meine daher, dass bei BOLD GUARD die Abwehr von Seeanlandungen der NICHT Schwerpunkt des Manövers war.
Weiter denke ich, dass die Landeoperationen bei BOLD GUARD auch dazu dienten, Show zu machen und das Sensationsbedürfnis von Publikum und Presse zu bedienen. Klar macht es was her, wenn Panzer durch die schäumenden Wellen vom Landungsboot an den Strand rattern. Obwohl es zu peinlichen Szenen kam, wenn in 1960er Jahren sich ein HS 30 asthmatisch mühte, die Bugrampe des Landungsbootes zu überwinden. Der getarnt nachts im kalten nassen Wald stehende Panzer oder in seinen feuchten Kampfstand stehende Infanterist ist natürlich langweiliger, auch wenn es eher den Realitäten entspricht.
Diesen bewusst erzeugten Show-Effekt bei Manövern gab es schon vor über 100 Jahren, als die Kaisermanöver noch kurz vor dem Ersten Weltkrieg immer mit einer riesigen Kavallerieattacke beendet werden mussten, bei dem tausende von Reitern mit gezückten Säbel gegen eingegrabene Infanterie anritt. Eigentlich war jedem klar, dass so etwas in Zeitalter von Maschinengewehren sinnlos war und mit gigantischen Verlusten enden musste, was sich bei den wenigen Attacken, die dann 1914 noch durchgeführt wurden, auch prompt bestätigte. Aber der Kaiser wollte nun mal seine Attacke, ganz egal was für ein falscher Eindruck dabei entstand.
Die HSchBrig 51 wurde bei der 6. PzGrenDiv als "Front-" Brigade gebraucht, damit sich die Division eine ihrer mechanisierten Brigaden als Reserve freimachen konnte. Das haben wir hier im Forum schon einmal diskutiert. Diese Aufgabe als Reservedivision konnte die HSchBrig 51 aufgrund der Ausstattung ihrer Jägerbataillone eher nicht übernehmen.Man hätte die HSchBrig 51 ja auch in der Tiefe im Raum Plön - Neumünster für alle möglichen Eventualitäten bereithalten können.Angehängte Dateien
Kommentar
-
Besten Dank für die genaue Aufschlüsselung, Jörg. So wie Du es darstellst, machst es auch absolut Sinn!
Kommentar
Kommentar