Umgang mit Gefallenen

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  • EmilBerggreen
    Cold Warrior
    • 19.07.2015
    • 514

    #1

    Umgang mit Gefallenen

    Guten Morgen zusammen,

    vielleicht haben wir das Thema schon kurz angerissen, doch klar ist es noch nicht geworden. Welche Anweisungen gab es bei der Bundeswehr z.z. des Kalten Krieges, was den Umgang mit Gefallenen angeht?

    Mein bisheriger Kenntnisstand ist:
    • Gefallener direkt vom Gefechtsfeld geborgen oder im Verwundetennest, Verwundetentransport, TVP, HVP an seinen Verletzungen verstorben

    • Gefallene werden zentral auf dem Gefallenensammelpunkt im rückwärtigen Bataillonsgebiet abgelegt und warten in Leichensäcken auf den Abtransport (von wem?) und Bestattung in Massengräbern – Anmerkung: auf einer US-amerikanischen Übung wurden tatsächlich Erdgruben für Massengräber ausgebhoben, was aber später wegen seiner drastischen Realitätsnähe stark kritisiert wurde
    • Todesursache: das ist mir nicht klar, ob bei einem Massenanfall noch ein Truppenarzt die Todesursache feststellen muss oder ob dies vielleicht wegen der großen Menge gar nicht möglich wäre. Erkennungsmarke abbrechen und auf einer Liste festhalten: Hauptgefreiter Müller, Hans, Todesursache: Kopfschuss, Todeszeitpunkt: 1.10.86 01:15, PK-Nr, Truppenteil, etc.
    • Kompanien melden OPZ laufend Gefallenenmeldungen, diese werden vom S3 aufgenommen, für die laufende Operationsplanung berücksichtigt und an den S1 (?) im GefStd Rück und dieser als Personalersatz an die Feldersatzbataillone
    • Brief an die Angehörigen: Im Namen der Bundesrepublik Deutschland. Sehr geehrte Frau Müller, wir bedauern Ihnen mitteilen zu müssen, dass Ihr Sohn Müller, Hans, am XX an YY in Erfüllung seiner Pflicht … vielleicht nicht mit diesem WK II-Pathos, sondern eher in nüchternem Amtsdeutsch aber ich weiß nicht mit welchem Wortlaut. Brief unterschrieben vom KpChef und S3 bzw. BtlKdr (?)


    Ja, ich weiß, es ist ein makabres Thema aber mich würde interessieren, wie das abgelaufen wäre. Vielleicht hat da jemand von Euch eine bessere Quellenlage?

    Gruss
  • Guenther (†)
    Cold Warrior
    • 04.09.2006
    • 1024

    #2
    In der Zeit der Heeresstruktur 2 gab es in den Korps im Bereich des MatBtl eine
    Gräberregistrierungskompanie 106 (Geräteeinheit) in
    Damme Aufstellung: 1964 Verlegung: 01.02.1969
    dann im
    MobStp Leese Auflösung: 30.04.1971 Umbenennung in 1./NschBtl 120 (Geräteeinheit).
    Suche Gliederungen der Heeresstrukturen 2 + 3.
    Außerdem suche ich die letzten Trichtersperren und Sperrmittelhäuser in Franken.

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    • EmilBerggreen
      Cold Warrior
      • 19.07.2015
      • 514

      #3
      Hallo Günther,

      besten Dank für das Stichwort.
      Gräberregistrierungskompanie Kriegsgräberregistrier-Uffz Gräberregistrierungs-Offiziere bzw. -Unteroffiziere
      Jörg hat tatsächlich einmal ein Dok bzgl. des Gefallenenwesen hochgeladen. Ich wusste halt nicht, unter welchem Stichwort ich suchen muss.
      http://www.cold-war.de/showthread.ph...rungskompanien

      Gruss

      Gruss

      Kommentar

      • EmilBerggreen
        Cold Warrior
        • 19.07.2015
        • 514

        #4
        mögliche Quellen: Weisung für den Kriegsgräberdienst in der Luftwaffe.- Gefallenenwesen: Notbestattungen im Gefechtsgebiet
        Man muss wohl unterteilen in Registratur (Sammeln der abgebrochenen Erkennungsmarken?), Rückführung der Leichname u. Anlegen von Gräberstätten - eine Beerdigung im Heimatort des Gefallenen halte ich für quasi undurchführbar, das hätte bei der Masse sicherlich zu viele Transportkapazitäten gebunden.
        Das Gefallenenwesen gehörte anscheinend zum Kapitel "Besonderen Führungs- und Unterstützungsaufgaben" des Territorialheeres"
        Zuletzt geändert von EmilBerggreen; 08.02.2021, 10:59. Grund: Ergänzung

        Kommentar

        • EmilBerggreen
          Cold Warrior
          • 19.07.2015
          • 514

          #5
          Fast 40 Jahre nach der Wende in der DDR verblasst die Erinnerung an die Berliner Mauer und die innerdeutsche Grenze. Was früher einmal eine Dauerbaustelle der DDR war, gerät zunehmend in Vergessenheit. Die ehemaligen Sperranlagen

          DDR 11 07 55 X XXXX 6
          Erkennungsmarke NVA [/Quote]
          Hierbei ist die "PKZ" - die Personenkennziffer die wichtigste Information. Die ersten Zahlengruppen stellen das Geburtsdatum, die nachfolgende Ziffer das Geschlecht und alle weiteren Ziffern personenspezifische Daten dar. So ist es möglich, nach Auffinden eines Gefallenen diesen dem Personenregister zuzuordnen und namentlich zu benennen.
          Ihr habt schon richtig geschrieben, eine Hälfte bei Toten, eine Hälfte anfänglich bei der Einheit. Damit die Hälfte, welche beim Gefallenen bleibt, auch später gefunden werden kann, sollte diese in den Mundraum gesteckt werden und der Unterkiefer sollte den Mund verschließen. Gefallenensammelstellen sollten ab Kompanie eingerichtet werden, die in der Nähe der Verwundetensammelstellen liegen sollten.
          Die Sammelstellen sollten auf die Arbeitskarte des Kompaniechefs mit den Koordinaten übertragen werden. Den Gefallenen hätte man bis auf die Hälfte der Erkennungsmarke und ihren Felddienstanzug alle Bewaffnung, Munition, Ausrüstungsgegenstände und persönliche Gegenstände abgenommen, registriert und zur weiteren Verwendung gesammelt. Persönliche Dinge sollten, wenn die Lage es erlaubt hätte, an die Angehörigen geschickt werden.
          Die Gefallenen wären von den Sammelstellen zu Feldfriedhöfen überführt worden, wo sie würdevoll beerdigt wurden wären. Wenn eine Bestattung in Einzelgräbern nicht möglich gewesen wäre, wäre noch ein nicht verrottbares Behältnis mit einer Liste der Toten und deren PKZ mit in die "Sammelruhestätte" gelegt worden.
          Das wäre die "normale" Abfolge gewesen. Sonst - Erkennungsmarke in den Mund, andere Hälfte einstecken, Waffen und Munition mitnehmen oder unbrauchbar machen, kurz Abschied nehmen, weiter....

          Vielleicht keine reputable Quelle aber war das so auch bei der Bundeswehr vorgesehen oder so ähnlich vorstellbar oder evtl. über Verordnungen geregelt?

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          • Nemere
            Cold Warrior
            • 12.06.2008
            • 2843

            #6
            Ich habe noch einige Aussagen zur Regelung des Gefallenenwesens in der Heeresstruktur 2 gefunden – siehe Anhang.
            Der unter Ziffer 5 d erwähnte handgeschriebene Brief des Kompaniechefs an die Angehörigen war jedenfalls zu meiner Zeit nicht Thema der Offiziersausbildung, weder an der Offizierschule noch an der Truppenschule.
            In der HStr. 2 war der Gräberregistriertrupp Teil des Nachschubzugs der 1. Kompanie des Brigadeversorgungsbataillons. Mit den Umgliederungen der Heeresstruktur 3 und der Auflösung der Versorgungsbataillone kam der Gräberregistriertrupp dann zur Brigade-Nachschubkompanie.
            Angehängte Dateien

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            • Waldo
              Cold Warrior
              • 30.07.2009
              • 107

              #7
              Gab es nicht auch Gräberregistriertrupps bei den VKK?

              Kommentar

              • Nemere
                Cold Warrior
                • 12.06.2008
                • 2843

                #8
                Ich denke schon, da lt. dem Kap. 26 der HDv 100/500 VBK und VKK für das Gefallenenwesen zuständig waren. Leider habe ich die Vorschrift für die VKK nicht. Eventuell gab es da Unterschiede zwischen den VKK. Es gab mindestens drei unterschiedliche Typen von VKK. Weiden und Amberg waren z.B. Typ C 1, Regensburg war B 1, München oder Aschaffenburg waren Typ A. Wenn es Typ B 1 und C 1 gab, könnte man daraus schließen, das es auch B 2 und C 2 gegeben haben müsste, diese Typen sind allerdings in Bayern nach 1980 nicht feststellbar.

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                • EmilBerggreen
                  Cold Warrior
                  • 19.07.2015
                  • 514

                  #9
                  Guten Morgen,

                  aber kann bitte noch jemand sagen, ob folgende Annahme richtig ist? Die Erkennungsmarke des Gefallenen wird abgebrochen, eine Hälfte verbleibt beim Toten (wohl nicht in der Mundhöhle, scheint eine Art Legende zu sein) oder dient der Gräberregistratur (Name, PK-Nr. und Vermerk d. Todesursache) und die andere Hälfte gehört zu den persönlichen Sachen, wird dem Kompaniefeldwebel zugeführt und dieser schickt die - falls überhaupt möglich - an die Angehörigen.
                  Bestattung dann in Uniform, im schwarzen Leichensack - Särge kann ich mir bei einem Massenanfall von Toten nicht vorstellen.

                  Vielleicht kann jemand von Euch ja die Fakten geraderücken,
                  vielen Dank und Gruss

                  Kommentar

                  • DeltaEcho80
                    Cold Warrior
                    • 09.03.2013
                    • 1713

                    #10
                    Hallo Emil,

                    die eine Hälfte der Erkennnungsmarke hatte doch eine kleine Kette. Ich gehe mal davon aus, dass diese an den großen Zeh gehangen worden wäre. Andere Körperstellen vielleicht, wenn kein Fuß mehr da war. Diese Szenen "Hundemarke knicken, eine Hälfte in den Mund, die andere weitergeben" war doch mehr in Kriegsfilmen zu sehen.

                    Ich glaube nicht, dass die andere Hälfte der Erkennungsmarke an die Angehörigen geschickt worden wäre. Oder meinst die "persönlichen Sachen" ?

                    Alles andere wäre wohl auch lagebedingt abgelaufen. Zum Glück mussten diese Verfahren ja nie angewendet werden und ich gehe mal davon aus, dass es auch nicht "geübt" wurde.
                    -------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

                    Heutzutage führt das VN-Ausbildungszentrum Hammelburg in Zusammenarbeit mit der Fachschule für Bestattungswesen in Münnerstadt unter anderem auch den Lehrgang "Umgang mit Gefallenen" durch, den Soldaten durchlaufen, die in den Einsatz gehen und sich freiwillig für diesen Kurs melden - die Teilnahme wird nicht befohlen.

                    Kommentar

                    • Nemere
                      Cold Warrior
                      • 12.06.2008
                      • 2843

                      #11
                      Zitat von EmilBerggreen Beitrag anzeigen
                      Bestattung dann in Uniform, im schwarzen Leichensack
                      Mir ist zwar nicht bekannt, welche Bestattungsformen für Gefallene vorgesehen waren, ob im Leichensack oder im genormten Holzsarg, aber ich habe zumindest schon einmal einen „Leichenbergesack“, so der korrekte Ausdruck im Anlagenblatt, in der Hand gehabt.
                      Dieses Utensil gehörte bis Anfang der 1980er Jahre zur Unfallaufnahmeausstattung bei den Feldjägerdienstkommandos, ebenso wie steriles Material zur Entnahme von Blutproben (Venüle in Holzkästchen). Man hat damals anscheinend der Ausstattung von Rettungsdiensten, Ärzten usw. vor allem in ländlichen Gebieten noch nicht so getraut und wollte die eingesetzte Feldjägerstreife für alle Eventualitäten wappnen.
                      Der Leichenbergesack war aus einem Kunststoffmaterial, so ähnlich wie der spätere Poncho, hatte vier Tragegriffe und in der Mitte einen Reißverschluss. Bild ist beigefügt.

                      Heutzutage führt das VN-Ausbildungszentrum Hammelburg in Zusammenarbeit mit der Fachschule für Bestattungswesen in Münnerstadt
                      Ist das die Fachschule mit dem Übungsfriedhof bzw. Lehrfriedhof?

                      Grüße
                      Jörg
                      Angehängte Dateien

                      Kommentar

                      • klaus_erl
                        Cold Warrior
                        • 14.04.2013
                        • 1057

                        #12
                        Zitat von Nemere Beitrag anzeigen
                        Ist das die Fachschule mit dem Übungsfriedhof bzw. Lehrfriedhof?
                        Ganz genau.

                        Klaus

                        Kommentar

                        • EmilBerggreen
                          Cold Warrior
                          • 19.07.2015
                          • 514

                          #13
                          Vielen Dank Euch allen für die Beiträge!

                          Ja, ich weiß, es ist ein makabres Thema, sollte aber meiner Meinung nach mal angesprochen werden.

                          Kommentar

                          • DeltaEcho80
                            Cold Warrior
                            • 09.03.2013
                            • 1713

                            #14
                            Ist das die Fachschule mit dem Übungsfriedhof bzw. Lehrfriedhof?

                            Grüße
                            Jörg
                            Die Seite habe ich gefunden: https://www.bestatter.de/beruf/beruf...ldungszentrum/

                            Die Zusammenarbeit mit der BW wird hier auf einer gesonderten Seite erwähnt, inkl. des Links zu einem Filmbeitrag auf dem Youtube-Kanal der BW:




                            --------------------------------------------- Trennung ------------------------------------------------------------------------------------------------

                            Zu den von nemere erwähnten Säcken: Kann es sein, dass es hier Unterschiede zwischen einem "Leichenbergesack" und einem "normalen Leichensack" gab? Im Museumsbunker in Mellrichstadt liegen nämlich solche Leichensäcke, das sind einfache weiße Plastiksäcke ohne Haltegriffe. Muss mal suchen, ich habe irgendwo noch ein Bild davon gemacht.

                            Kommentar

                            • Nemere
                              Cold Warrior
                              • 12.06.2008
                              • 2843

                              #15
                              Zitat von DeltaEcho80 Beitrag anzeigen
                              Zu den von nemere erwähnten Säcken: Kann es sein, dass es hier Unterschiede zwischen einem "Leichenbergesack" und einem "normalen Leichensack" gab? Im Museumsbunker in Mellrichstadt liegen nämlich solche Leichensäcke, das sind einfache weiße Plastiksäcke ohne Haltegriffe. Muss mal suchen, ich habe irgendwo noch ein Bild davon gemacht.
                              Das kann durchaus sein. Die Leichenbergesäcke damals waren vor allem dafür gedacht, bei Unfällen Leichen von der Unfallstelle wegzubringen.

                              Es gibt übrigens sogar eine spezielle "Sargflagge" (siehe beigefügtes Bild). Zitat dazu aus einem anderen Forum:

                              Es handelt sich um eine sogenannte "Sargflagge", die zumindest in Hessen bei einem BwDLZ zentral bevorratet wird und Teil des Ausstattungssatzes "Trauerfeier" ist. Bei der Verwendung einer normalen Bundesdienstflagge liegt das Bundeswappen quer über dem Sarg und ist nicht vollständig zu sehen. Darum wurde diese Version, vor allem aufgrund der zurückkehrenden Särge aus den Einsätzen, extra in Auftrag gegeben. Kann aber auch für jede private Beerdigung eines ehemaligen Soldaten leihweise angefordert werden. Mit dabei im Ausstattungssatz ist ein Gefechtshelm und ein Ordenskissen. Anzumelden über das zuständige Kreisverbindungskommando oder direkt beim Landeskommando - S3 Abt.

                              Beiträge 1396 und 1398.
                              Angehängte Dateien
                              Zuletzt geändert von Nemere; 18.02.2021, 14:48.

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