Sperrplanung im Verteidigungsfall

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  • Nemere
    Cold Warrior
    • 12.06.2008
    • 2843

    #1

    Sperrplanung im Verteidigungsfall

    Ich hatte Gelegenheit, Einblick in freigegebene GDP-Pläne für den bayerischen Raum der Jahre 1980 bis 1989 zu nehmen. Ohne auf Einzelheiten einzugehen, kann man doch einige Fakten betrachten, die ein realistisches Bild der „scharfen“ Verteidigungsplanungen ergeben.

    Als Beispiel möchte ich die Sperrplanung im Verzögerungs- und Verteidigungsabschnitt einer Panzergrenadierbrigade vorstellen. Breite am VRV etwa 25 bis 30 km, hügeliges, oft bewaldetes Gelände mit kleinen Ortschaften, keine nennenswerten Gewässerhindernisse.

    Hier waren an Sperren vorgesehen:
    a) 70 Verlegeminensperren aus Panzerabwehrminen, eine großer Teil dieser Sperren sollte durch Schützensplitterminen verstärkt werden. Breite jeder Sperre zwischen 500 und 1000 m, Tiefe jeweils mindestens 200 m.
    b) 6 Drahtsperren mit versteckten Ladungen
    c) 14 vorbereitete Straßensprenganlagen (Sprengschachtanlagen)
    d) 2 Baumsperren mit versteckten Ladungen. Hier kann man von einer Tiefe jeder Sperre von 50 bis 100 m ausgehen.
    e) 1 Scheinminensperre
    f) 3 vorgeplante Wurfminensperren von jeweils ca. 1500 m Breite und 200 m Tiefe
    g) 5 Panzerabwehrgräben (ATD – Anti Tank Ditches). Hier ist der hohe Zeitaufwand für diesen Sperrentyp zu berücksichtigen. Für 100 m Graben rechnet man bei Einsatz eines Pionierpanzers und von 4 Schaufelladern mindestens 6 Stunden. Die im Bereich der Brigade geplanten ATD hatten Längen von 500, 800 (2 x), 1200 und 1300 m.

    Nicht erwähnt in diesem Sperrplan sind etwaige vorbereitete Brückensprengungen oder der Einsatz weiterer lageabhängiger Wurfminensperren durch Minenwerfer der Pioniere oder Verschuß mit den Raketenwerfern der Artillerie.

    Grüße
    Jörg
  • EmilBerggreen
    Cold Warrior
    • 19.07.2015
    • 514

    #2
    Moin Nemere,


    also könnte man doch sagen, dass man den HOF-Korridor zwischen FRANKENWALD und FICHTELGEBIRGE recht gut gut gegen einen Panzerangriff ROT abriegeln konnte, oder wie siehst Du das?
    Auf was musste sich der Warschauer Pakt also einstellen? Auf nur sehr wenige Marschkilometer pro Tag, eine Sperre nach der anderen, die wieder mühselig geräumt werden müssen, kritische Kanalisierung in Tälern, eine Abfolge von Hinterhalten, einem enormen Verschleiß an Kampfpanzern und Panzerpionieren.
    Alles in allem durch die Topographie erzwungene eine sehr unangenehme Kampfesweise. Da wo kein Panzerbataillon mehr durchpasst, löst sich alles in einem hässlichen Kleinkrieg auf.
    Wenn ich Hacketts WK III noch recht in Erinnerung habe, dann war der WAPA oben im Norden schon längst durch die Norddeutsche Tiefebene durch, an BREMEN vorbei, schon fast in Holland, als sich in Hessen und Ostbayern immer noch ein Großteil der Gefechte in Waldkämpfen auflöste.
    Sehr platt und vereinfachend gesagt, versteht sich.


    Gruss

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    • EmilBerggreen
      Cold Warrior
      • 19.07.2015
      • 514

      #3
      Du hattest uns ja schon einmal exemplarisch einen Sperrplan graphisch vorgestellt.

      Was bedeutet ein Sperrplan in der Praxis? Ein für die eigene Truppe durchschnittenes und recht unübersichtliches Gelände mit jeder Menge "tödlicher Zonen", in die bei Dunkelheit schon einmal der ein oder andere
      Spähtrupp hineingeraten kann. Freie Bewegungsentfaltung - Fehlanzeige.
      Antipersonenminen/Schützenabwehrminen im Gegensatz zu WK I, WK II und Vietnam spielten sie bis zur ihrer Ächtung auf dem potentiellen Schlachtfeld des WK III anscheinend wohl schon eine sehr viel geringere Rolle.
      Zumindest aus Sicht der NATO, die Russen hatten sie in Afghanistan z.B. als "Schmetterlingsminen" gegen die Zivilbevölkerung durchaus im Einsatz.
      Für eine Angriffsarmee ist die Verwendung ja auch sehr beschränkt, denn die Verlegung kostet wieder Zeit, etc. Wie auch? Will sich ein MotSchtzBtl damit vor abgesessenen Gegenangriffen schützen.

      Na ja, ich habe keine Ahnung davon.

      Kommentar

      • Nemere
        Cold Warrior
        • 12.06.2008
        • 2843

        #4
        Zitat von EmilBerggreen Beitrag anzeigen
        also könnte man doch sagen, dass man den HOF-Korridor zwischen FRANKENWALD und FICHTELGEBIRGE recht gut gut gegen einen Panzerangriff ROT abriegeln konnte, oder wie siehst Du das?
        Für den Korridor von Hof war die 1. (US) Panzerdivision bzw. Teile des 2. (US) ACR zuständig, deren GDP-Planungen sind nach meinem Kenntnisstand bisher noch nicht freigegeben. Man kann nur aus der Ziffer „Nachbarn“ der Befehle der angrenzenden deutschen Divisionen einige Hinweise entnehmen, die aber nicht auf Einzelheiten wie die Sperrplanung eingehen. Im Hofer Raum und südlich davon Richtung Bayreuth gab es eine ganze Reihe vorbereiteter Sperranlagen, bis hin zu Fallkörpersperren auf der „Schiefen Ebene“, der Bahnlinie Bamberg – Hof.
        Alle mir bekannten Befehle gehen aber davon aus, dass ein Angriff aus der "Plauener Pforte" über Hof in Richtung Bayreuth immer nur ein Nebenstoss gewesen wäre, der vor allem die Kräfte des VII. (US) Korps binden sollte. Gleichzeitig rechnete man aber auch mit einem Angriff aus Osten, aus dem Raum Eger über Marktredwitz in Richtung Bayreuth und dann weiter in Richtung Nürnberg.

        Grüße
        Jörg

        Kommentar

        • Nemere
          Cold Warrior
          • 12.06.2008
          • 2843

          #5
          Zitat von EmilBerggreen Beitrag anzeigen
          [FONT=Verdana,Arial,Tahoma,Calibri,Geneva,sans-serif]Was bedeutet ein Sperrplan in der Praxis? ....
          Antipersonenminen/Schützenabwehrminen
          Vielleicht ist es zum Verständnis hilfreich, wenn man sich anschaut, was die Vorschrift zu Sperrgrundsätzen sagt:

          „Sperren sollen den Feind abnutzen und ihn aufhalten, sein Vorgehen verlangsamen und ihn so immer wieder zur Änderung seines Operationsplanes zwingen.
          Sperren sind vor allem dort anzulegen, wo der Feind auflaufen soll, damit er durch zusammengefasstes Feuer oder im Gegenangriff zerschlagen werden kann.“
          (HDv 100/100 – Truppenführung, Nr. 720)

          „Hindernisse (Sperren) können Bewegungen verhindern, erschweren oder in bestimmte Richtungen lenken. … Hindernisse sind besonders wirkungsvoll, wenn der Feind sie nicht oder nur schwer umgehen kann und wenn an ihnen verteidigt wird. Sie sind mindestens zu sichern oder zu überwachen.“ (Nr. 2206)

          Es geht also nicht nur darum, dass die Panzerminen den einen oder anderen Panzer zerstören, es kommt genauso darauf an, dass zunächst einmal der Feind vor den eigenen Stellung zum Stehen gebracht wurde und nicht einfach die Infanterie im Kampfgraben überrollen kann. Ein stehender Panzer ist außerdem wesentlich leichter zu treffen, als ein fahrender.

          Schützenabwehrminen sollten vor allem die Sperren aus Panzerminen sichern.

          Kommentar

          • EmilBerggreen
            Cold Warrior
            • 19.07.2015
            • 514

            #6
            Besten Dank für die Erläuterungen!

            Kommentar

            • virago2000
              Rekrut
              • 28.05.2014
              • 45

              #7
              Ist ja nicht so, dass es mich stören würde, wenn Du auf diese "Einzelheiten" eingehen würdest...

              Grüsse aus der Schweiz

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