Planungen des Vereins Fulda-Gap
Niddatal-Ilbenstadt (pdw). Er steht am Ortsrand von Ilbenstadt und ist
der einzige seiner Art in Deutschland. Ein Atombunker. Die Stadt
Niddatal hat ihn vor einem Jahr dem Verein Entwicklungsgesellschaft
Fulda-GAP überlassen, der aus dem geschichtsträchtigen Bauwerk im
Untergrund ein Museum und den Startpunkt für eine Tour des Kalten
Krieges machen möchte. Landrat Rolf Gnadl und Harald Fäth, Vorsitzender
des Vereins, trafen sich dieser Tage, um über eine mögliche
Zusammenarbeit mit dem Kreis nachzudenken. Bei dem Gespräch war auch der
Bürgermeister von Niddatal Dr. Bernhard Hertel anwesend.
15 Meter tief gehen die Stockwerke, die Außenwand ist 90 Zentimeter dick
und die Decke darüber aus drei Meter dickem Stahlbeton. In Beton
gegossene Sicherheit, darauf ausgelegt, der Detonation einer
5000-Tonnen-Bombe in 2600 Meter Entfernung standzuhalten. Im Vergleich
dazu hatte die Bombe von Hiroshima eine Kraft von 15 Kilotonnen. Gebaut
wurde der damals 2,5 Millionen Mark teure Atombunker Mitte der
60er-Jahre unter dem unmittelbaren Eindruck der Kubakrise. Die Politiker
glaubten sich der Gefahr eines Atomkrieges greifbar nahe und begannen
mit Planungen für acht Atombunker, von denen aus im Ernstfall die
Rettungsmaßnahmen für die Zeit »danach« koordiniert werden sollten.
Heute findet sich im Bunker noch alles so, wie es damals angeschafft
wurde: Ein »antiker« Fernschreiber, ein Strahlenmessgerät der
60er-Jahre, eine unabhängige Klimaanlage, Wasser- und Stromversorgung,
Kantine, Küche, ABC-Filter. Eine geisterhafte Kulisse, die die Angst vor
dem Dritten Weltkrieg spüren lässt. Im Falle eines Atomkriegs sollte der
Bunker rund 90 Personen Schutzraum bieten Mitarbeitern der Frankfurter
Stadtverwaltung, denen die Rettung der Überlebenden im Rhein-Main-Gebiet
anvertraut war.
Der Ilbenstädter Atombunker ist der einzige der acht geplanten, der auch
tatsächlich gebaut wurde. Er steht im sogenannten Fulda-GAP. Hier, grob
skizziert zwischen Hanau und Gießen, Millrichstadt und Witzenhausen,
erwartete der Westen einen eventuellen Einmarsch der Truppen des
Warschauer Paktes. Deshalb galt es, dieses »Gap« (englisch: Lücke)
militärisch zu schließen, mit Munitionslagern, Raketenstellungen und
Ähnlichem.
Vom Atombunker zur Raketenstellung
Harald Fäth möchte aus dem Bunker gerne ein Museum machen, denn
nirgendwo sonst könne man Menschen die Zeit des Kalten Krieges näher
bringen als hier. Er denkt an eine »Tour des Kalten Krieges«, die vom
Atombunker Ilbenstadt über den Main-Kinzig-Kreis bis in den
Vogelsbergkreis führt. US-Depots, Raketenstellungen oder Sperranlagen
aus der damaligen Zeit sollen markante Punkte dieser geschichtlichen
Route sein. Derzeit führt der Verein Besuchergruppen durch den Bunker,
eine Dauerausstellung informiert über Sprengschächte und Sprenganlagen.
Landrat Gnadl zeigte sich beeindruckt von dem hohen zeithistorischen und
pädagogischen Wert der Anlage. Er empfahl unter anderem die
Zusammenarbeit mit erfahrenen Museumspädagogen und der Hessischen
Museumsgesellschaft, »um den didaktischen Schatz zu heben.« Gnadl: »Der
Bunker zeigt eindrucksvoll die Angst, die die Menschen in der Zeit des
Kalten Krieges beherrschte. Überall in der Welt gibt es kriegerische
Auseinandersetzungen und deutsche Soldaten sind bei Auslandseinsätzen
vor Ort. Frieden ist ein zerbrechliches Gut und der Bunker zeigt hautnah
die Folgen, wenn dieses Gut angegriffen wird«, so Gnadl abschließend.
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